Ernährungsreport 2017, der Anfang Januar vorgestellt wurde, zeigte sich: Der Deutschen liebstes Essen ist Fleisch. Das gaben immerhin 53 Prozent der Befragten an. Rund sechzig Kilo Fleisch verzehrt ein Bundesbürger im Schnitt pro Jahr. Trotzdem sorgt sich Agrarminister Christian Schmidt zusammen mit der Industrie um den Fleischverzehr und fordert ein Verbot für Bezeichnungen wie „vegane Currywurst“, denn das hält er für Irreführung der Verbraucher.
Moralisches Mittelalter in der Massentierhaltung
Den Fleischfans (also der statistischen Mehrheit) dürfte der Vorschlag des Umweltamtes folglich bitter aufstoßen – erbittert sind auch die Debatten, die in den Sozialen Netzwerken und an den Stammtischen der Republik geführt werden. Hoffentlich begleitet von einer Bockwurst oder einem deftigen Schnitzel. Die Fleischesser fühlen sich bevormundet, und ein klein wenig kann man das sogar verstehen. Agrarminister Schmidt reagierte prompt – er wolle keine „Strafsteuern“.
Dabei ist der Vorschlag sinnvoll. Nicht nur, weil er generell dazu anregen könnte, das verkorkste deutsche Mehrwertsteuer-System zu reformieren. Fakt ist, dass die industrielle Massenproduktion von Fleisch ein Problem ist, und zwar in vielerlei Hinsicht. Die Ökobilanz ist katastrophal, die Situation der Tiere sowieso (egal, wieviel Greenwashing die Industrie auch betreibt), der übermäßige Verzehr von rotem Fleisch ist gesundheitlich bedenklich, und moralisch ist das Ganze tiefstes Mittelalter – nicht zuletzt, weil beträchtliche Mengen des produzierten Fleisches auf dem Müll landen.
Fleisch ist zu billig
Ein halbes Hähnchen für drei Euro? Wurstaufschnitt im Supermarkt für sechzig Cent? Will man da wirklich noch wissen, was man eigentlich verzehrt? Und unter welchen Umständen die Tiere gezüchtet und verarbeitet wurden? Nein, das blendet man als Verbraucher lieber aus oder gibt die Verantwortung an meist zweifelhafte, weil von der Industrie selbst kreierte oder lasch kontrollierte, Gütesiegel ab.
Der Ernährungsreport zeigte aber auch: Der Mehrheit der Verbraucher ist das Thema Tierwohl wichtig, und mehr bezahlen würden sie auch, wenn sich dadurch die Verhältnisse ändern. Unterm Strich würde eine solche Steuererhöhung also auf Zustimmung stoßen. Fleisch und tierische Produkte deutlich teurer zu machen, könnte den Konsum regeln und die Produktion drosseln. Der Industrie würde das nicht gefallen, aber das kann man in Kauf nehmen. Noch besser wäre es, den Ansatz auch am anderen Ende zu Ende zu denken: Indem man die Mehrwertsteuer auf alle nicht-tierischen und innerhalb der EU produzierten Lebensmittel absenkt. Wie wäre es mit 5 Prozent? Und nicht 19, sondern gleich 25 Prozent auf alle Tierprodukte sowie vom anderen Ende der Welt importierte und Fertigprodukte.
Das würde nicht nur gesundheitlich messbare Auswirkungen zeitigen, es wäre auch der Umwelt und dem Tierwohl gedient.