Rund 57 Prozent der Deutschen sind Kirchenmitglieder – in etwa so viele, wie in Umfragen angeben, an Gott zu glauben. Dennoch dürfte zwischen diesen Zahlen bald ein Missverhältnis bestehen, wenn die Austritte aus der Kirche weiter zunehmen. Das ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Denn wer gläubig ist, braucht nicht zwangsläufig die Kirche, um seinen Glauben auch zu leben. Die zahlreichen Skandale um Korruption und Missbrauch dürften ebenfalls dazu beitragen, dass Gläubige sich von den Kirchen abwenden.
Während manch einer aus diesen Gründen die Entscheidung zum Austritt trifft, wollen andere die Kirchensteuer sparen. Jährlich zahlen die deutschen Kirchenmitglieder rund 12 Milliarden Euro an Kirchensteuern, die vom Finanzamt eingezogen werden. Und das obwohl die Mehrheit der Bundesbürger diese Steuer kritisch sieht oder gar ganz ablehnt, nicht zuletzt weil sie kaum nachvollziehbar ist in einem Land, in dem Kirche und Staat strikt getrennt sein sollen.
Immerhin 9 Prozent der jährlichen Einkommensteuer gehen an die Kirchen. Je nachdem, wie viel man verdient, kann das ein beträchtlicher Betrag sein. Allerdings kann dieser als Sonderausgabe steuerlich abgesetzt werden, was unterm Strich die reale Steuerlast senkt. Aber egal, aus welchen Gründen man sich dazu entscheidet, aus der Kirche auszutreten, es gibt eine Gute Nachricht: Das geht ganz einfach.
Kirchenaustritt: So geht’s
Die zuständige Stelle ist, je nach Bundesland, entweder das Amtsgericht oder das Standesamt. Die genauen Adressen und Öffnungszeiten können den Webseiten der eigenen Gemeinde entnommen werden. Mitbringen muss man ein gültiges Ausweispapier, also wahlweise den Personalausweis oder den Reisepass, sowie Bargeld. Die Gebühr beträgt in der Regel zwanzig bis dreißig Euro (in manchen Regionen weniger, in anderen etwas mehr). Es ist zwingend erforderlich, dass man persönlich erscheint – eine schriftliche „Kündigung“ ist nicht möglich. Jugendliche unter vierzehn Jahren benötigen zum Austritt die Begleitung und Bestätigung der Eltern.
In der Regel ist das alles. Wer ganz sichergehen will, der lässt sich den Austritt schriftlich bestätigen und teilt ihn außerdem dem Finanzamt mit. Notwendig ist das zumeist aber nicht, da die Daten automatisch übermittelt werden.
Wer austreten und zugleich den Betrag der Kirchensteuer wohltätigen Zwecken zukommen lassen möchte, kann sich beim Startup „Dein Kirchenaustritt“ registrieren. Die Betreiber sind selbst keine Kirchengegner, haben aber auch nichts gegen Austritte. Sie beklagen allerdings, dass durch die sinkende Kirchensteuer Geld entfällt, das zuvor auch wohltätigen Zwecken zugute kam. Aber auch, wenn es auf den ersten Blick so aussieht: Ein einfacher Austritt per Online-Formular ist auch auf diesem Weg nicht möglich. Man muss weiterhin zum Amt. Allerdings kann man sich auf diesem Weg über Hilfsorganisationen informieren, die Spenden benötigen. Und das ist in jedem Fall eine gute Anlage für die eingesparte Kirchensteuer.