Der Ton im Internet ist spürbar rauer geworden. Die ruhigen und sachlichen Töne gehen unter, die Hetzer und Pöbler beherrschen die Foren und Netzwerke. Vor allem wenn es um brisante Themen wie Flüchtlinge, die AfD oder Russland geht, erhitzen sich die Gemüter schnell. Anstatt besonnen zu debattieren, wird geschimpft. Viele Medien schalten unter entsprechenden Themen schon gar keine Artikelforen mehr. Wenn Beiträge nicht freigeschaltet werden, wird der Vorwurf der Zensur erhoben.
Was ist eigentlich Zensur?
Demzugrunde liegt ein Missverständnis über den Begriff Zensur. Das Grundgesetz stellt klar, dass Zensur von staatlicher Seite nicht stattfinden darf. Wenn aber ein Foren-Administrator einen Kommentar blockiert, dann hat das nichts mit Zensur zu tun. Auch die Kommentarfunktion bei BBX ist moderiert. Ohne Moderation könnten wir die Möglichkeit zu kommentieren, gar nicht anbieten. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist das SPAM-Aufkommen sehr hoch. Täglich gehen Hunderte, von Bots automatisch generierte SPAM-Kommentare bei uns ein, meist mit Links zu zwielichtigen Websites. Einen großen Teil davon fängt der Spamfilter ab, was übrig bleibt muss von Hand aussortiert werden.
Dazu kommen Spammer, die im Auftrag von Unternehmen oder eigenmächtig handeln. Sie steuern einen Kommentar bei, der auf den ersten Blick einen Bezug zum Artikelthema hat – nur um dann auf eine eigene Website zu verlinken. Solche Beiträge schalten wir grundsätzlich nicht frei. Sie stören die Kommunikation und tragen nichts Produktives bei. Und für ihre Urheber sind sie vor allem negative Werbung – wir tun ihnen also einen Gefallen, indem wir sie löschen.
Forentrolle sind ein Problem
Etwas anderes sind Hetzkommentare. Immer mal wieder gibt es Trolle, die bei jedem Thema irgendeinen Ansatz finden, um gegen Flüchtlinge zu hetzen. Beliebt ist das bei sozialen Themen oder Berichten über das Arbeitslosengeld II. Die Trolle behaupten immer wieder, Geflüchteten werde das Geld hinterhergeworfen, während „Deutsche“ schlechter dastünden. Zum einen stimmt das faktisch nicht. Zum anderen möchten wir verhindern, dass solche Falschinformationen über unsere Kommentarfunktion weitere Verbreitung finden. Also schalten wir sie nicht frei. Ebenso schalten wir Kommentare mit offenen Beschimpfungen gegen Einzelpersonen oder Gruppen nicht frei. Zum einen tragen sie zur Diskussion nichts bei, zum anderen können sie strafrechtlich relevant sein. In dem Fall ist die Löschung schon in unserem eigenen Sinne unsere Pflicht – denn wir als Betreiber haften für das, was bei BBX gepostet wird.
Viele Menschen scheinen zu glauben, es sei legitim, in der Anonymität des Internets mal ihren ganzen Frust ablassen und andere beschimpfen zu können. Es ist nicht legitim. In der digitalen Kommunikation gelten dieselben Regeln wie im persönlichen Gespräch. Wer schimpft und hetzt, der sagt recht wenig über das Thema, um das es geht – aber er sagt sehr viel über sich selbst aus. Diese Trolle dürfen sich selbst fragen: Lasse ich mich überzeugen, wenn man mich beschimpft? Eben.
Justizminister: Gesetz gegen Hatespeech
Bei Sozialen Netzwerken wie Facebook mit seinen vielen Millionen Mitgliedern ist das ein besonderes Problem. Denn vor allem Falschinformationen (Fake News) verbreiten sich hier rasant, weshalb nun Justizminister Maas (SPD) einen Gesetzesentwurf vorgelegt hat, der das Netzwerk anhalten soll, schneller zu reagieren und Hatespeech zu löschen. Hier liegt tatsächlich ein staatlicher Eingriff vor, der nicht unproblematisch ist. Was Fake News ist und was nicht, lässt sich noch relativ einfach überprüfen – indem man die Behauptungen nachrecherchiert und Beiträge je nach Ergebnis als „Fake“ kennzeichnet. Aber was genau ist Hate Speech? Wo ist die Grenze zu ziehen? Bei einer einfachen Beschimpfung? Bei einer kollektiven Beschimpfung? Bei falschen Tatsachenbehauptungen? Sollen nur justiziable Beiträge gelöscht werden oder auch andere? Und löst das Löschen das Problem oder nur ein Symptom?
Klar ist, dass Verfasser justiziabler Beiträge juristisch belangt werden müssen, was zunehmend auch geschieht. Die Kernfrage ist aber: Wie wollen wir alle miteinander kommunizieren? Wollen wir uns nur noch anschreien? Oder wollen wir wieder ruhig, gelassen und differenziert debattieren?