Wieviel Geld genau Jahr für Jahr in Deutschland vererbt wird, weiß niemand so genau. Denn über die großen Privatvermögen gibt es nur Schätzungen, aber keine konkreten Zahlen. Bislang hieß es, das jährliche Erbschaftsvolumen liege im Bereich von rund 300 Milliarden Euro. Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaft (DIW) haben nun eine neue Rechnung angestellt und auch Wertsteigerungen sowie Sparpotenziale mit eingerechnet und kommen auf ein Ergebnis von fast 400 Milliarden Euro.
Ungleiche Vermögensverteilung
In den unteren Einkommensklassen beträgt eine Erbschaft im Median-Durchschnitt rund 12.000 Euro, im obersten sind es demnach fast 250.000 Euro – was die krasse Vermögensungleichverteilung demonstriert. Die Autoren gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren enorme Summen vererbt werden, da die Nachkriegsgeneration, die ohne große Krisen Vermögen aufbauen konnte, nach und nach stirbt. Neben Erbschaften werden aber auch Schenkungen mit einbezogen. Das Problem: „Die Mehrzahl der Erbschaften kann aufgrund der aktuell geltenden hohen Freibeträge steuerfrei übertragen werden. Das gilt auch für sehr hohe Vermögen, die als Betriebsvermögen weitgehend steuerfrei übertragen werden können. Dies kann unter dem Aspekt der Chancengleichheit Anlass zu Kritik sein“, heißt es in der Studie.
Die Autoren mahnen an, die Erbschafts- und Schenkungssteuer zu reformieren sowie Steuerprivilegien für Unternehmen zu überdenken. Erst Mitte 2016 hatte die große Koalition in letzter Minute auf Drängen des Verfassungsgerichts die Erbschaftssteuer reformiert – allerdings hatte die Reform umgehend Kritik ausgelöst. Denn noch immer sind die Freibeträge enorm, die verschärften Regelungen auch für Unternehmen betreffen in Deutschland fast niemanden.
Erbschaften: Bund nimmt nur 4,3 Milliarden ein
Wissenschaftler fordern regelmäßig eine deutlich höhere Steuer auf Erbschaften, um die Vermögensungleichverteilung einzudämmen. Konservative Politiker sowie viele Unternehmen wehren sich gegen derartige Idee. Die Unternehmensverbände argumentieren mit der Gefahr von Arbeitsplatzverlusten, die sich aber nicht belegen lässt.
2013 nahm der Bund nur knapp 4,3 Milliarden Euro mit Steuern auf Erbschaften und Schenkungen ein. Das ist gerade mal etwas mehr als ein Prozent des angenommenen Gesamtvolumens. Große Vermögen bleiben konzentriert in den Händen einer kleinen Bevölkerungsschicht, während die Unter- und Mittelschicht es immer schwerer haben, überhaupt Vermögenswerte aufzubauen.