Allerdings gilt der Mindestlohn mit Einschränkungen. Pflichtpraktika während des Studiums sind davon ausgenommen, ebenso Praktika von einer Dauer bis zu drei Monaten. Erst ab dem vierten Monat gilt der Mindestlohn. Diese Regelung stößt auf Kritik, nicht zuletzt seitens der Studierenden und Absolventen, die ihre Möglichkeiten, Praxiserfahrung in Unternehmen zu sammeln, gefährdet sehen. Zahlreiche Arbeitgeber haben bereits angekündigt, die ausgeschriebenen Praktikumsstellen deutlich zu verringern. Darunter gibt es zweifelsfrei jene, die sich die zusätzlichen Kosten tatsächlich nicht leisten können, aber natürlich auch die anderen, die schlichtweg nicht zahlen wollen.
Es gibt Unternehmen, die ihre Praktikanten bereits heute vergleichsweise gut bezahlen (wenn auch in der Regel unter dem Mindestlohn) und es gibt solche, die nichts oder nur symbolische Beträge im niedrigen dreistelligen Bereich zahlen.
Praktika werden aus unterschiedlichen Gründen absolviert. Schon während der Schulzeit und auch im Studium sind sie eine gute Möglichkeit, in Unternehmen reinzuschnuppern um herauszufinden, ob die Arbeit zu einem passt. Sie dienen der Orientierung und helfen herauszufinden, was man später machen möchte. Vor allem Studenten haben eben diese Option aber auch über Studentenjobs, die in aller Regel wesentlich besser bezahlt sind. So kann man das Reinschnuppern mit der Finanzierung des Studiums kombinieren.
Studenten finden sich schnell in Arbeitsabläufe ein
Fakt ist, dass Studenten sich auch in komplexere Arbeitsabläufe meist schnell einfinden können, was man nicht zuletzt an den mitunter durchaus anspruchsvollen Studentenjobs sehen kann. So ergibt sich unterm Strich eine Win-win-Situation: Der Student sammelt Berufserfahrung, der Arbeitgeber hat (im besten Fall) einen Mitarbeiter, der nicht viel kostet, der Firma aber einen Mehrwert bringt. Dies dürfte der Regelfall sein. Am unteren Ende der Skala bewegen sich Unternehmen, die ihre Praktikanten als billige oder gar kostenlose Arbeitskräfte ausnutzen. Wenn derartige Praktika in Zukunft wegfallen, ist das kein Verlust, im Gegenteil. Hier beendet der Mindestlohn ein unseriöses Geschäftsmodell.
Am oberen Ende der Skala sind Unternehmen, die eher in ihre Praktikanten investieren, sie nicht bloß reinschnuppern lassen, sondern ihnen tiefergehende Einblicke gewähren und ihnen wirklich etwas beibringen. Solche Praktika können den Charakter von Volontariaten oder Ausbildungen annehmen und sind letztlich die wertvollsten – auch für die Unternehmen, die aus ihren Praktikanten später neue Mitarbeiter rekrutieren. Diese Art von Praktika ist kaum gefährdet, denn die betreffenden Unternehmen investieren zwar, sehen ihre Praktikanten aber als Gewinn für die Firma.
Qualität von Praktika wird zunehmen
In der breiten Mitte wird es beides geben: Unternehmen, die weitermachen und solche, die keine oder nur noch wenige Praktika anbieten bzw. nur noch wenige, die länger als drei Monate dauern. Dies wird vor allem von Studenten beklagt, die länger gehende Praktika als sinnvoll erachten, um Berufserfahrung zu sammeln. Dennoch scheint der Ansatz des Arbeitsministeriums richtig. Zwar kann man vor allem bei Studenten einwenden, dass das Studium in der Regel durch Unterhalt, BAföG und oder Kindergeld bereits weitestgehend finanziert wird und sie deshalb nicht auf einen vollen Lohn angewiesen sind, eine geringe Praktikumsvergütung also ein angemessener kleiner Bonus ist. Zugleich darf man aber davon ausgehen, dass ein Student, der fit ist in seinem Fach, nach drei Monaten spätestens die wesentlichen Arbeitsabläufe im Unternehmen begriffen hat. Zwar kann er weiter lernen und Erfahrungen sammeln, aber nach dieser Zeit ist er zweifellos in der Lage, dem Unternehmen mit seiner Arbeitskraft einen Mehrwert zu bieten, der auch entsprechend entlohnt werden sollte.
Es ist daher anzunehmen, dass langfristig die Qualität von Praktika durch den Mindestlohn steigen wird – oder auch Praktika fließend in Studentenjobs übergehen werden.