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Verbraucherschutz fordert Jedermann-BU
Die hohen Kosten für Versicherungen bei Berufsunfähigkeit (BU) haben dazu geführt, dass Verbraucherschützer jetzt zunehmend die Einführung einer sogenannten Jedermann-BU fordern. Geht es nach ihnen, müssen die Versicherer sogar dazu gezwungen werden, zukünftig eine Berufsunfähigkeitsversicherung für jeden Versicherten anzubieten. Doch wie soll diese Absicherung in der Praxis funktionieren?
von Thomas Schulz
Verbraucherschutz fordert Jedermann-BU. Wenn man seiner Arbeit nicht mehr nachgehen kann, kann eine BU-Versicherung vor finanziellen Engpaessen schuetzen.
© rosmary/flickr

Begrenzte Vertragslaufzeiten, unzureichende Rentenhöhen und Rosinenpickerei: Das sind die heftigen Vorwürfe, die Verbraucherschützer deutschlandweit gegen Versicherer erheben. Vor allem die etablierten Gesellschaften, die sich in der BU-Versicherung einen guten Namen gemacht haben, sind in die Kritik geraten. Nach Ansicht der Verbraucherschutzzentralen werden zu viele potenzielle Kunden schon bei der Beantragung einer BU-Versicherung ausgesiebt. Alternativ werden die Beiträge für den wichtigen Versicherungsschutz so hoch angesetzt, dass kaum ein Vertragsabschluss entsteht. Für den Versicherten ist der Abschluss einer BU-Versicherung dann schon aus finanziellen Gründen indiskutabel.

Verbraucherschutz mit harter Kritik an BU-Versicherer

Ebenso bemängelt man, dass der Versicherungsschutz allenfalls bis zum vollenden 60. Lebensjahr bezahlbar ist. Der Beginn des regulären Rentenalters liegt aber deutlich höher, und gerade in den letzten Jahren vor dem Renteneintritt steigt die Gefahr einer Berufsunfähigkeit überproportional. Für diese Phase kann sich der Versicherte aber nur gegen hohe Prämien absichern lassen, damit wird eine BU-Versicherung wiederum vor allem für ältere Versicherte uninteressant. Und schließlich zeigt sich nach Meinung der Verbraucherschützer viel zu oft, dass eine bezahlbare BU-Versicherung nur dann abgeschlossen werden kann, wenn der Versicherte eine Begrenzung der Rente wegen Berufsunfähigkeit akzeptiert.

Die harte Kritik ist bei näherem Hinsehen nicht ganz unberechtigt, deshalb ist die BU-Versicherung in der jüngeren Vergangenheit für viele Versicherte uninteressant geworden. Nicht umsonst fordert der Bund der Versicherten jetzt, dass die Versicherungswirtschaft ihrer sozialpolitischen Verantwortung endlich gerecht werden muss und eine flächendeckende Absicherung ermöglichen muss. Dieser Ansatz wird von den Verbraucherzentralen deutschlandweit unterstützt. Die Entwicklung von bedarfsgerechten Produkten sei endlich notwendig, um Versicherte gegen Krankheiten und Unfälle auch bei einem Verlust der Arbeitskraft umfassend zu schützen. Doch wie könnte eine solche Absicherung aussehen?

Vereinfachter Zugang als erster Ansatz

Im ersten Schritt verlangen die Verbraucherschützer einen leichteren Eintritt in die BU-Versicherung. Ihrer Meinung nach soll die Mindestabsicherung aus einer BU-Rente oberhalb der Grundsicherung bestehen. Bis zu einer maximalen Höhe von 1.500, – € soll eine vereinfachte Gesundheitsprüfung vorgesehen werden, im besten Fall verzichtet der Versicherer sogar ganz auf eine Risikoprüfung. Bestimmte Vorerkrankungen wie Diabetes oder Burnout und Depressionen dürfen außerdem nicht zu einem völligen Ausschluss aus dem BU-Schutz führen. Vielmehr soll ein Mindestschutz greifen, damit auch Versicherte mit Vorerkrankungen eine Absicherung gegen den Verlust der Arbeitskraft erhalten. Und schließlich müssen die Berufsgruppen erheblich weiter gefasst werden. Dadurch solle es nach Meinung des Verbraucherschutzes möglich sein, den Ausgleich zwischen risikofreien und risikoreichen Berufen im Interesse der Versicherer weiter zu fassen.

Mehr Transparenz im Versicherteninteresse

Eine weitere Forderung der Verbraucherschützer ist ein höheres Maß an Transparenz zu Kalkulations- und Rechnungsgrundlagen. Auch eine Zusammenführung der Daten der privaten Versicherer zur Berufsunfähigkeit und der gesetzlichen Rentenversicherung zur Erwerbsminderungsrente sei erforderlich. Im Idealfall sollten Prozessquoten, Schadensquoten und Ablehnungsquoten für jeden Versicherer veröffentlicht werden, damit dieser von dem Verbraucher besser beurteilt werden könne. Letztlich geht die Forderung vor allem an die Politik, den Versicherten eine existenzielle Absicherung gegen den Verlust der Arbeitskraft zu ermöglichen. In Richtung Versicherungswirtschaft äußert man sogar den Vorwurf, die Gesellschaften seien letztlich daran gescheitert, eine für jedermann tragfähige Lösung für den Verlust der Arbeitskraft zu entwickeln.

GDV weist Vorwürfe zurück

Der heftigen Kritik der Verbraucherschützer begegnete der Versicherungsverband GDV erst vor wenigen Tagen mit Unverständnis. Aus einer Einheitsversicherung mit identischen Bedingungen und mit gleichen Preisen für alle Versicherten würde lediglich eine abwartende Haltung der Versicherten resultieren. Die Gefahr, dass eine BU-Versicherung erst dann abgeschlossen wird, wenn der Versicherungsfall bereits wahrscheinlich ist, sei viel zu groß. Letztlich könnte der gesamte private Versicherungsmarkt in Gefahr geraten, wenn die BU-Versicherung nach den Maßgaben der Verbraucherschützer funktionieren würde. Vielmehr sei das Risiko steigender Versicherungsprämien und damit ein insgesamt wenig attraktiver Markt für BU-Versicherungen die unausweichliche Folge, so der Versicherungsverband. Anders als häufig kolportiert sei es für die meisten Versicherten sehr wohl möglich, eine vernünftige Absicherung gegen den Verlust der Arbeitskraft abzuschließen, argumentiert der Verband. Dazu sei es lediglich eine Voraussetzung, die Versicherung frühzeitig abzuschließen, wenn der Versicherte noch bei guter Gesundheit ist und die Beiträge noch niedrig sind.

Vorerst keine Tarifänderungen zu erwarten

Für den Verbraucher dürfte sich aus dem aktuellen Schlagabtausch zwischen Verbraucherschutz und Versicherungswirtschaft vorerst wenig ändern. Der frühzeitige Abschluss einer Berufsunfähigkeit und der unabhängige Tarifvergleich bleiben die wichtigsten Voraussetzungen für einen bezahlbaren und soliden Versicherungsschutz. Wer diese beiden Maxime beherzigt, sollte in den meisten Fällen eine vernünftige Absicherung gegen den Verlust der Arbeitskraft erhalten, die bedarfsgerecht vor diesem elementaren Risiko schützt.

von Thomas Schulz

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