Wer muss für die Pflege der Eltern aufkommen? Die Frage erregt die Gemüter. Geklagt hatte eine unterhaltspflichtige Tochter, die mit ihrem Ehemann in ihrer eigenen Immobilie lebt. Der Ehepartner ist Alleinverdiener mit einem jährlichen Bruttoeinkommen von 71.000, – €. Das Haus hat einen Wert von rund 98.000, – €. Die Mutter der Ehefrau lebte die letzten Jahre vor ihrem Tod im Pflegeheim, die Kosten für das Sozialamt beliefen sich auf 7.300, – €. Diese Kosten verlangte das Sozialamt von der Tochter zurück.
Kinder ohne Einkommen müssen zahlen
Das Oberlandesgericht Köln kam zu der Entscheidung, dass der Tochter ein geschütztes Vermögen in Höhe von 180.000, – € zustand. Der Bundesgerichtshof fällt nun aber ein ganz anderes Urteil (Az. XII ZB 236/14). Da die Frau nicht selbst erwerbstätig sei, steht ihr auch kein Schonvermögen zu. Lediglich ein Notgroschen von bis zu 10.000, – € sowie die selbst bewohnte Immobilie im Eigentum der Tochter seien vor dem staatlichen Zugriff geschützt. Das Urteil wurde insbesondere damit begründet, dass die Tochter durch ihren Mann hinreichend abgesichert und auch nicht berufstätig sei. Der Fall wurde zur erneuten Prüfung an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen.
So beurteilen Anwälte den Fall
Stiftung Warentest berichtete schon kurz nach diesem nun veröffentlichten BGH-Urteil, dass die Entscheidung bei Anwälten auf harte Kritik stoße. Fachanwälte für Familienrecht bewerten das Urteil als „sozialpolitisch bedenklich“. Letztlich würde einerseits die wirtschaftliche Selbständigkeit der Frau im Alter in diesem Fall massiv eingeschränkt. Außerdem sei der Mann dazu gezwungen, für sich selbst und für seine Ehefrau vorzusorgen und damit eine doppelte Altersvorsorge zu zahlen. Anderenfalls sei es nämlich erforderlich, dass er sein eigenes angespartes Vermögen im Alter aufteilt. Dann würden ihm und seiner Frau nur noch die Hälfte der Ersparnisse zur Verfügung stehen. Aus einer gut durchdachten Altersvorsorge für eine Person könnte so eine Vermögenslage entstehen, die beide Partner an den Rand des Existenzminimums bringt. Schließlich sei nicht davon auszugehen gewesen, dass das Vermögen der Ehefrau zum Pflegeunterhalt herangezogen werde, deshalb sei dieses Vermögen als Altersvorsorge als ausreichend erachtet worden.
Insgesamt ist die Meinung der Anwaltschaft recht eindeutig, denn das BGH-Urteil wird mit allgemeinem Unverständnis und mit großer Sorge beobachtet. Doch was können Kinder und Eltern tun, damit eine solche Situation erst gar nicht entsteht?
Vorsorge für den Pflegefall hat viele Gesichter
Vordergründig ist es vor allem an den Eltern, rechtzeitig eine private Pflegeversicherung abzuschließen. Sie muss die Rente und die gesetzliche Pflege-Pflichtversicherung ergänzen, damit im Pflegefall eine ausreichende Absicherung zur Verfügung steht. Wird nämlich ein alter Mensch zum Pflegefall und steht die ambulante oder die stationäre Betreuung an, werden Kinder nicht zur Zahlung der Kosten herangezogen, sofern die Eltern selbst die Kosten für ihre Betreuung im Pflegefall tragen können. Dazu werden zuerst die eigene Rente, die Pflege-Pflichtversicherung und vorhandenes Vermögen herangezogen. Wurde eine privat Pflegeversicherung abgeschlossen, sind die Chancen weitaus besser, dass im Pflegefall gar keine Versorgungslücke entsteht.
Ist das Einkommen der Eltern gering, könnte sich zur Absicherung eine staatlich geförderte Pflege-Bahr anbieten. Sie wird aufgrund der geringen Leistungen zwar immer wieder kritisiert, und sie reicht auch regelmäßig nicht aus, um die Versorgungslücke im Pflegefall vollständig zu decken. Doch die Kombination aus einer gesetzlichen Rente, aus der Pflege-Pflichtversicherung und aus der Förderpflege ergibt letztlich eine solide Basis, durch die sich die Versorgungslücke im Pflegefall recht gut minimieren lässt. Damit wird auch der Anspruch der Sozialbehörden gegenüber den Kindern etwas geringer.
Beziehen die Eltern dagegen ein solides Einkommen, kann sogar der Abschluss einer maßgeschneiderten Pflegezusatzversicherung in Frage kommen. Die Leistungen für Pflegesachkosten, Pflegerente oder Pflegetagegeld können bei einer privaten Zusatzversicherung individuell und nach Belieben festgelegt werden. Die Versorgungslücke im Alter lässt sich dadurch sehr gut schließen. Doch was können Kinder tun, deren Eltern hier offenbar weder Handlungsbedarf sehen noch die finanziellen Möglichkeiten haben, eine Pflegezusatzversicherung abzuschließen?
Mehr Verantwortung im eigenen Interesse
Kinder können sich der Verpflichtung zur Zahlung von Pflegeunterhalt für ihre Eltern nur entziehen, wenn sie frühzeitig die finanzielle Basis schaffen, dass dieser Pflegeunterhalt gar nicht erst nötig ist. Es gilt, rechtzeitig Verantwortung für die Pflege der Eltern zu übernehmen und diese so früh wie möglich auf die Versorgung im Pflegefall anzusprechen. Zwar mag es schwerfallen, solche finanziellen Fragen rund um die Betreuung im Alter zu klären, doch wenn die Dinge erst einmal geregelt sind, ist dies häufig eine Erleichterung für alle Beteiligten.
Reicht das Einkommen der Eltern nicht aus, um eine eigene Pflegeversicherung zu bezahlen, können die Kinder eine Zusatzversicherung auch auf den Namen der Eltern abschließen. In diesem Fall sind Vater oder Mutter die versicherte Person, der Versicherungsnehmer sind Sohn oder Tochter. Diese Variante kann sich insbesondere dann anbieten, wenn das Renteneinkommen nicht ausreicht, um eine private Pflegeversicherung abzuschließen. Kinder können ihre Eltern finanziell also frühzeitig unterstützen und schützen sich selbst davor, irgendwann für die Pflege der Eltern aufkommen zu müssen. Dazu ist aber im Eigeninteresse frühzeitig die Verantwortung für die Pflege der alten Menschen zu übernehmen.