Wer einen Immobilienkredit vorzeitig ablösen will, muss mit Vorfälligkeitszinsen rechnen. Die Bank darf nämlich eine Entschädigung für die ihr entgangenen Zinsen verlangen. Der Bundesgerichtshof legt jetzt aber fest, dass Sondertilgungen kostenmindernd wirken müssen. Übermäßig hohe Vorfälligkeitsentschädigungen sollen dadurch verhindert werden. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Hamburg, sie gewann den Prozess jetzt auch in der letzten Instanz.
Verbraucherschutz will Kunden schützen
Geklagt hatte die Verbraucherzentrale in Hamburg gegen die Sparkasse Aurich-Norden. Sie hatte in Darlehensverträgen eine Klausel aufgenommen, nach der die Kunden bei Darlehen zwar ein Recht auf Sonderkündigungen haben. Die Berechnung der anfallenden Vorfälligkeitsentschädigung, die letztlich ein Schadenersatz für die vorzeitige Rückführung des Darlehens für entgangene Zinszahlungen ist, sollen zinssenkende Sondertilgungen, die der Kunde leistet, aber nicht beachtet werde. Der Absatz im Vertrag besagt sinngemäß, dass zukünftige Sondertilgungen bei einer vorzeitigen Darlehensrückzahlung bei der Zinsberechnung nicht zum Ansatz kommen sollen. Der Kunde müsste nach Meinung der Bank somit bei einer vorzeitigen Kündigung die entgangenen Zinsen erstatten.
Vorinstanzen hatten der Klage bereits stattgegeben
Schon die vorhergehende Instanz hatte der Klage der Verbraucherschutzzentrale nachgegeben. Das Oberlandesgericht Oldenburg sah in der Klausel eine unzulässige Bereicherung, die die Sparkasse für sich in Anspruch nahm. Sie habe durch die Klausel eine Vorfälligkeitsentschädigung erhalten, die ihr nach den vertraglichen Regelungen nicht zustehen. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Auffassung. Wenn die Bank dem Kunden ein Recht auf eine Sonderkündigung einräumt, verzichtet sie damit auch auf das Recht, die Zinsen dafür zu erhalten. Deshalb entspricht die Nichtberücksichtigung der Sondertilgungsoption bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung letztlich einer Überkompensation, die sich die Bank genehmigt. Deshalb erklärte der Bundesgerichtshof die Klausel ebenso für unwirksam wie die Vorinstanzen. Die Verbraucherzentrale gibt an, dass die Regelung auch von anderen Banken gerne benutzt wird. Doch was bedeutet das Urteil für den Kunden?
Sondertilgungen bleiben weiter sinnvoll
Unabhängig davon, ob man ein Darlehen vorzeitig ablösen will oder nicht, sind Sondertilgungen auch nach dem neuen Urteil sinnvoll. Wer nämlich die Wahl hat, einen bestimmten Geldbetrag als Sondertilgung aufzuwenden und damit Darlehenszinszahlungen zu sparen oder diesen Betrag anzulegen und Guthabenzinsen zu erhalten, dürfte feststellen, dass der Kreditzins häufig teurer ist als der Guthabenzins. Deshalb lohnt es sich sehr oft, eine Sonderzahlung auf ein Darlehen zu leisten, sofern die finanziellen Mittel dafür vorhanden sind. Schon vor diesem Hintergrund ist es weiter zielführend, außerplanmäßige Zahlungen auf ein Darlehen zu leisten und dadurch die Restschuld zu minimieren. Wer nun die vorzeitige Rückführung eines Immobilienkredits plant und deshalb mit Vorfälligkeitszinsen rechnen muss, sollte sich nicht beirren lassen und die Sondertilgung trotzdem zahlen.
Banken müssen Sondertilgung berücksichtigen
Durch das neue Urteil sind die Banken nämlich auch dann zur Anrechnung der Sonderzahlung verpflichtet, wenn das Darlehen vorzeitig abgelöst wird. Damit verringert sich die Vorfälligkeitsentschädigung ganz unmittelbar. Sie hängt unter anderem von der Höhe der Zinsen und der Restlaufzeit des Darlehens ab. Gerade bei einem hohen Zins oder bei einer langen Restlaufzeit kann der entgangene Zinsschaden für die Bank recht hoch sein. Da das Urteil sie nun verpflichtet, geleistete Sonderzahlungen auf die Vorfälligkeitsverzinsung anzurechnen, kann dem Darlehensnehmer vor allem bei hohen Zinsen oder bei einer langen Restlaufzeit also ein erheblicher finanzieller Vorteil entstehen, weil die Bank die Sondertilgung bei der Vorfälligkeitsberechnung berücksichtigen muss. Notfalls müssen sich Bankkunden also auf dieses Urteil berufen, wenn ihre Bank eine entsprechende Klausel im Vertrag vorsieht und sich nicht freiwillig dem neuen Urteil unterwirft.