Die Klauseln werden oft überlesen, aber auch schlichtweg die Termine verpasst: Wird ein Abo oder ein Vertrag nicht frist- und formgemäß gekündigt, verlängert er sich stillschweigend – mit allen Rechten, Pflichten und demzufolge auch Kosten. Für Bernd Storm van’s Gravesande waren die 220 Euro, die er wegen einer nicht gekündigten Bahncard berappen musste, dann doch des Guten zu viel. Gemeinsam mit seinem Partner Stefan Neubig entwickelte der Unternehmensberater im Jahr 2008 den Online-Dienstleister Aboalarm, der sich abweichend vom eigenen Namen auch mit der regelkonformen Kündigungen von Versicherungen, Telefonverträgen oder Mitgliedschaften befasst. Was zunächst nach einer Protestaktion aussah und als Webseite mit vorformulierten Kündigungsschreiben begann, entwickelte sich in der Folge sehr viel weiter.
Vom Nebengewerbe zur Erfolgsgeschichte
Der erste Internetauftritt ließ sich mit überschaubaren Investitionen realisieren, beide Gründer setzten jeweils 2.000 Euro ein. Die Werbeeinnahmen reichten zunächst aus, um alle anfallenden Kosten zu bestreiten – Aboalarm erwirtschaftete von Beginn an schwarze Zahlen. Allerdings kam der Quantensprung mit einer wichtigen Erkenntnis: Eine Fax-Nachricht erwies sich sowohl in Bezug auf die Rechtssicherheit als auch auf die Handhabbarkeit als der optimale Weg. Die Umstellung auf den Web-to-Fax-Dienst brachte schließlich den Durchbruch für das Unternehmen, das mit rund 6.000 Kündigungen pro Tag für stabile Einnahmen sorgt: Pro Kündigung per Fax berechnet Aboalarm 2,49 Euro, für die Nutzung der App je 0,99 Euro. Das Herausragende ist allerdings der Service, der den entscheidenden Unterschied für die zahlreichen Nutzer liefert.
Mit Sicherheit der richtige Empfänger
Für viele Verbraucher ist es ganz einfach lästig, die alten Verträge herauszusuchen, den in Frage kommenden Ansprechpartner und die entsprechenden Kontaktdaten zu recherchieren. Genau hier setzt Aboalarm an: Die Eingabe des Anbieters reicht schon aus, um eine Auswahl der Möglichkeiten präsentiert zu bekommen. Wird beispielsweise nur „Vodafone“ vorgegeben, kann sich der Nutzer zwischen Mobilfunk, TV, Internet & Telefon sowie den ehemaligen Arcor-Verträgen entscheiden – die Adressen werden automatisch herausgesucht. Im nächsten Schritt öffnet sich das Online-Formular, in das die Interessenten nun sowohl ihre Anschrift als auch die Handy-oder Vertragsnummer und das Geburtsdatum eingeben. Die Unterschrift kann als Scan eingefügt werden, aber auch andere Wege stehen als Alternativen zur Unterzeichnung oder zum Absenden zur Verfügung. Gleichzeitig werden die wichtigen Rufnummern des Anbieters angezeigt, sodass eine Rückfrage jederzeit ganz unkompliziert möglich ist.
Weiterer Entwicklungssprung wurde notwendig
Allerdings sahen die angefragten Investoren eine „Faxmaschine“ nicht als zukunftsweisend an, was Aboalarm dazu brachte, sich mit neuen Dienstleistungen und Wegen auseinanderzusetzen – und dabei ohne Fremdkapital auszukommen. Und das sollte sich als Glücksfall erweisen: Heute beschäftigt das Unternehmen 18 Mitarbeiter, die Entwickler sitzen sowohl in Deutschland als auch in Kroatien und Serbien. Der Hauptsitz wurde an den Gärtnerplatz in München verlegt, bei einem Umsatz knapp unterhalb des siebenstelligen Bereiches und enormen Wachstumsraten ist das nur zu verständlich. Vor allem aber für die Verbraucher zahlt sich die Neuorientierung aus: Werden die mehrsprachigen Angebote per App oder Webseite genutzt und der Anbieter macht trotzdem Ärger, übernimmt Aboalarm die Kosten für eine anwaltliche Unterstützung. Das Risiko ist relativ gering, wie die Zahlen belegen: Im Jahr 2014 mussten in elf Fällen die Anwälte bemüht werden – bei rund einer Million ausgeführten Kündigungen.
Mit Abstand Marktführer – Aboalarm
So plausibel die Geschäftsidee klingt, so dominant ist Aboalarm am Markt: Rund 95 Prozent der Marktanteile werden hier gehalten. Die sind aber auch hart erkämpft, denn insbesondere in den Anfangsjahren sahen sich die Gründer mit Protestschreiben aus den unterschiedlichsten Dienstleistungszweigen konfrontiert: Sowohl Dating-Portale als auch Mobilfunk-Anbieter oder Printmedien sahen sich genötigt, sich mit dem außergewöhnlichen Kündigungsdienstleiter auseinanderzusetzen – die eigenen Pfründe waren schließlich bedroht. Die Transparenz-Offensive, mit der Aboalarm in erster Linie die oft in den Vertragsklauseln versteckten Kündigungsbedingungen ausgehebelt hat, ist aber noch lange nicht ausgereizt. So können Verbraucher per automatischem Abocheck ihre Kontoauszüge prüfen lassen, um versteckte Abos oder Verträge aufzuspüren – und natürlich gleich zu kündigen. Auch damit sind die kreativen Gründer noch nicht am Ende ihrer Ideen angelangt, derzeit gehen die Gedanken in Richtung eines Girokontos, das vor allem verbraucherfreundlich sein soll – und natürlich leicht zu kündigen.