Schmidt mokierte sich darüber, dass so getan würde, als wären das Fleischprodukte. Stellt sich die Frage: Wer tut so? Im Grunde niemand. Der durchschnittliche Verbraucher ist durchaus mündig genug, um pflanzliche Zubereitungen, die Fleisch optisch und geschmacklich imitieren, von echtem Fleisch zu unterscheiden. Aber darum geht es unterm Strich auch gar nicht. Der Konflikt zwischen Fleischessen und Vegetariern bzw. Veganern mutet mitunter an wie ein Glaubenskrieg. Beide Seiten sind gern missionarisch – und man könnte das ebenso wie die Ministeraussage belächeln als eine Debatte von Leuten, die nichts besseres zu tun haben.
Deutsche essen zuviel Fleisch
Wenn Schmidt offensiv fordert, in Schulkantinen solle mehr Schweinefleisch angeboten werden, schlägt das in dieselbe plumpe Polarisierungskerbe. Das kommt gut an bei jenen, die es nicht mögen, dass Menschen aufgrund ihres Glaubens eine sprichwörtliche Extrawurst bekommen. Und wenn der Minister ganz im Sinne der Fleisch verarbeitenden Industrie für mehr Fleisch in der Schule plädiert, dann ignoriert er die Erkenntnisse eben dieser Industrie. Deren Zahlen zeigen, dass die Deutschen im Jahr durchschnittlich doppelt soviel Fleisch verzehren, wie von Ernährungsexperten empfohlen – nämlich fast 60 Kilo pro Kopf. Mit anderen Worten: gesund und ausgewogen sieht anders aus. Eine Zunahme an vegetarischen Angeboten und eine Abnahme der Fleischgerichte insbesondere an Schulen – das wäre eine Entwicklung, die im Sinne des Ministers sein müsste.
Mangelernährung ohne zerstückelte Tierleichen?
Stattdessen schlägt er in die – längst widerlegte – Kerbe, vegane Ernährung sei eine „Mangelernährung“ und vor allem für Kinder schädlich. Was nachgewiesenermaßen nicht stimmt. Es kommt, wie bei allem anderen auch, auf die Ausgewogenheit an. Irreführend im Wortsinn sind in der Debatte also weniger die Bezeichnungen bestimmter Lebensmittel als vielmehr die Aussagen von Minister Schmidt.
Auf den Sozialen Netzwerken begegnete man dem ministerialen Unsinn mit Humor: Die Partei forderte als ausgleichende Gerechtigkeit eine genauere Kennzeichnung von Fleischprodukten. Zum Beispiel: „Zerstückelte Tierleichen mit Innereien und Blut in Enddarm gefüllt“. Da kann dann wirklich niemand mehr von Irreführung sprechen. Aber, merkten andere Facebook-Nutzer an, wie sieht es mit Jägerschnitzeln und Fleischtomaten aus? Da muss ganz dringend ein neuer Name her. Nicht, dass man erst hinterher merkt, dass gar nicht drin ist, was draufsteht.
Zu Ehren von Minister Christian Schmidt legt die BBX-Redaktion derzeit eine vegane Woche ein. Schmecken übrigens ziemlich gut, diese Schnitzel, Würstchen, Frikadellen ohne Fleisch.