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Arbeit im Zeitalter der Digitalisierung: Wird das Büro überflüssig?
Arbeit zu festgelegten Zeiten einem Büroschreibtisch: Das ist bis heute für einen beträchtlichen Teil aller Angestellten trister Alltag. Doch das könnte sich bald ändern. Denn im Grunde ist das klassische Präsenz-Büro schon heute überholt...
von Gerrit Wustmann
Arbeit im Zeitalter der Digitalisierung: Wird das Büro überflüssig?
© Vasin-Leenanuruksa / 123rf

Umfragen haben in den letzten Jahren gezeigt, dass die Work-Life-Balance immer mehr an Bedeutung gewinnt. Viele Arbeitnehmer sind bereit, auf Geld zu verzichten, wenn sie dafür mehr Freizeit haben; bei einem beträchtlichen Teil sorgen Arbeitsbedingungen und Inhalte für die „innere Kündigung“. Ein Grund für all das sind nicht zuletzt auch starre Präsenzzeiten und ein eintöniger Büro-Alltag am immer selben Schreibtisch. Doch obwohl manche Unternehmen bereits reagieren und ihren Mitarbeitern Home-Office-Tage ermöglichen, findet der Wandel nur langsam statt. Das zeugt von wenig Flexibilität einerseits, von mangelndem Vertrauen in die Mitarbeiter andererseits.

Das Büro der Zukunft ist dort, wo man möchte

Dabei ist das Büromodell technisch gesehen schon heute überholt. Fast alle Büroarbeit lässt sich mit schnellem mobilem Internet von jedem Ort der Welt aus erledigen. Für notwendige persönliche Besprechungen ließen sich bei Bedarf Präsenz-Meetings anberaumen. Aber mal ehrlich: Meetings sind vor allem deshalb so unbeliebt, weil sie so unproduktiv sind und meist nur den Büro-Platzhirschen zur Selbstprofilierung dienen. Skype-Konferenzen, bei denen in kurzer Zeit das Wesentliche abgehakt wird, bringen einen schneller voran. Zwar muss man außerhalb des Büros auf das Flurfunk-Socialising verzichten. Doch ist der Smalltalk wirklich so wichtig. Für die Produktivität eher nicht.

Entsprechend arbeiten längst viele IT-Unternehmen mit Nachdruck am virtuellen Büro, an Anwendungslösungen, die das Arbeiten von zu Hause, im Café oder am Strand angenehm und effizient gestalten sollen. Die Zeit der Papier-Aktenberge ist zwar nur theoretisch passé. Doch der Wechsel zum Digitalen ist unaufhaltsam. Das Problem bei all dem ist längst nicht mehr die technische Umsetzbarkeit. Sondern eher eine Mischung aus Kontrolldrang des Arbeitgebers und unterschiedlichen Charakteren von Arbeitnehmern. Denn während die einen von zu Hause aus viel flexibler und entspannter arbeiten können, sind andere überhaupt nicht in der Lage, sich selbst zu organisieren. Sie brauchen den festen zeitlichen und örtlichen Rahmen, um arbeiten zu können.

Die Digitalisierung macht Präsenz-Arbeit überflüssig

Aber Selbstorganisation kann man lernen. Die Unternehmen könnten ihren Mitarbeitern Schulungen anbieten. Oder auf eine Zweiteilung setzen: Die einen kommen in ein kleineres Büro, die anderen arbeiten dort, wo sie möchten. Das spart auf Unternehmerseite beträchtliche Kosten. Denn Bürofläche ist teuer, je nach Lage kostet der Arbeitsplatz mehr als der Mitarbeiter an Gehalt bekommt. Die Verkleinerung wäre also in jeder Hinsicht eine Effizienzsteigerung.

Schöne neue Arbeitswelt also? Nicht ganz. Arbeitsrechtler und Gewerkschaften befürchten, dass eine Auflösung der bisherigen Strukturen auch mit einer Aufweichung des Arbeitsrechts einhergehen könnte. Schon jetzt gibt es viele Fälle, in denen die Zielvorgaben für Arbeitnehmer so überzogen sind, dass durch die Mehrarbeit faktisch der Stundenlohn unter die vertraglich vereinbarten Sätze geht. Ohne räumlich und zeitlich eingegrenzte Präsenz ist dann die tatsächliche Arbeitszeit kaum mehr zu kontrollieren, was zum Nachteil für viele Beschäftigte werden könnte. Am Ende tun sich Arbeitgeber, die so verfahren, aber keinen Gefallen. Denn sie zerschlagen den Vertrauensvorschuss dadurch wieder und sorgen für eine sinkende Motivation ihrer Mitarbeiter. Und wer nicht motiviert ist, weil er sich ausgenutzt fühlt, arbeitet schlechter. Es wird Zeit, dass diese Erkenntnis sich durchsetzt.

von Gerrit Wustmann

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