Wie die Bezeichnung schon vermuten lässt, ist der Erholungsurlaub zur Erholung der Arbeitnehmer gedacht. Doch es gibt Ereignisse, die mit Entspannung wenig zu tun haben. Dazu gehören ein Umzug, die Geburt des eigenen Kindes oder eine Beerdigung. Daher sollten Arbeitnehmer für diese Dinge auch nicht gezwungen sein, Urlaub einzureichen. Die Regelung für solche Fälle ist der Sonderurlaub, der als „Vorübergehende Verhinderung“ in § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt ist:
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.
Das heißt – einfach ausgedrückt –, der Chef ist verpflichtet, seinen Mitarbeitern bezahlten Sonderurlaub zu gestatten, wenn sie aus persönlichen Gründen unverschuldet für einen kurzen Zeitraum nicht zur Arbeit erscheinen können.
Ausgeschlossen sind Ereignisse, die nicht persönlich mit dem Arbeitnehmer zu tun haben wie Stau oder Naturkatastrophen.
Die Entscheidungshoheit liegt beim Chef
Bevor Arbeitnehmer nun allerdings für jegliche Verpflichtung, die so gar nichts mit Erholung zu tun hat, Sonderurlaub erbitten, kommt nun das große Aber: Auch wenn der Sonderurlaub im BGB geregelt ist, können Arbeitgeber dieses Recht vertraglich ausschließen oder eingrenzen. In einem solchen Fall gelten dann firmeninterne Regelungen.
Aus diesem Grund ist der Blick in den Vertrag zwingend notwendig. Steht im Vertrag nichts zum Thema Sonderurlaub, dann lohnt es sich die Betriebsvereinbarung oder den Tarifvertrag zurate zu ziehen. Gibt es auch hier keine Einschränkungen, haben Angestellte ein Recht auf Sonderurlaub nach Definition des BGBs.
In diesen Fällen gibt es Sonderurlaub
Bei wem es nun also keine vertraglich festgehaltenen Ausnahmeregelungen gibt, der hat in folgenden Fällen einen Anspruch auf Sonderurlaub:
Planbare Ereignisse
Die eigene Hochzeit oder die Geburt des eigenen Kindes sind klassische Fälle für Sonderurlaub. Bei absehbaren Ereignissen ist es allerdings wichtig Chef und Kollegen rechtzeitig zu informieren, damit frühzeitig Vertretung organisiert werden kann.
Auch einige andere Festivitäten sind Kandidaten für einen Tag Sonderurlaub. Dazu gehören: Die Trauung der eigenen Kinder oder die silberne/goldene Hochzeit der Eltern. Und auch das 25- oder 40-jährige Dienstjubiläum kann mit einem freien Tag gefeiert werden.
Oft gibt es sogar für einen Umzug Sonderurlaub. Insbesondere, wenn der Umzug aus beruflichen Gründen erfolgt. In der Privatwirtschaft ist es außerdem durchaus üblich, dass auch für einen persönlichen Umzug ein Tag Sonderurlaub genehmigt wird.
Unerwartete Ereignisse
Neben solchen absehbaren Ereignissen gibt es natürlich immer auch Ereignisse, die sich schlecht planen lassen. Wird das Kind krank, können Eltern zuhause bleiben. Allerdings ist von der Krankenversicherung anhängig, ob Angestellte dafür Sonderurlaub oder eine andere Art der Freistellung bekommen. Wer Sonderurlaub kriegt, dem stehen pro Kind und Jahr 10 freie Arbeitstage zu. Allerdings gibt es maximal 25 freie Tage – Pech, also, wer mehr als 2,5 Kinder hat …
Generell ist Sonderurlaub in diesen Fällen nur Privatversicherten vorbehalten. Gesetzlich Versicherte werden unbezahlt von der Arbeit befreit, wenn die Kinder krank werden, können aber von der Krankenkasse in dieser Zeit Kinderkrankengeld beziehen. Wichtig ist dabei die Vorlage des Attests beim Chef, denn nur dann gibt es eine Arbeitsfreistellung.
Kommt es in der nahen Verwandtschaft zu einem Todesfall, haben Arbeitnehmer in der Regel ein Recht auf zwei Tage Sonderurlaub. Ist auch dieser Fall im eigenen Unternehmen aus der Sonderurlaubsregelung ausgenommen, ist es üblich, dass der Chef seinen Angestellten zumindest unbezahlt freistellt.
Über den Sonderurlaub nach dem BGB hinaus gibt es weitere besondere Urlaubsansprüche wie die Pflegezeit für die Pflege naher Angehöriger oder den Bildungsurlaub.
Dauer des Sonderurlaubs
Über welchen Zeitraum es Sonderurlaub gibt, ist gesetzlich nicht festgelegt. Ausschlaggebend ist die objektiv notwendige Zeit. In der Praxis haben sich für die meisten Sonderereignisse ein bis zwei Urlaubstage etabliert.
Wichtig ist aber auch, in welchem Arbeitsverhältnis sich der Arbeitnehmer befindet. Wer schon lange in einer Firma arbeitet, wird mehr Sonderurlaub zugesprochen bekommen als ein Mitarbeiter, der nur für kurze Zeit engagiert ist.
Nicht alles ist ein Fall für Sonderurlaub
Natürlich ist es dem Chef nicht verboten auch in anderen Fällen aus Kulanz Sonderurlaub zu geben. Doch bestimmte Ereignisse gehen nicht in die Sonderurlaubsregelung des BGB ein. Darunter fallen Arzttermine oder Behördengänge, die auch außerhalb der Arbeitszeit möglich wären. Ebenso privat bedingte Umzüge oder Hochzeiten und Beerdigungen außerhalb des engsten Familienkreises. Und auch wer ehrenamtlich tätig ist, oder Verpflichtungen einer Vereinsmitgliedschaft nachkommen muss, hat keinen Anspruch auf Sonderurlaub.
Aber dennoch lohnt sich immer das Gespräch mit dem Chef. Und wenn man wahrscheinlich auch keinen zusätzlichen Sonderurlaub herausschlagen kann, dann schafft man vielleicht eine Einigung auf eine unbezahlte Freistellung. – Wenn gar nichts geht, hilft allerdings nur eins: Regulär Urlaub nehmen.
Klagen ist möglich
Weigert sich der Vorgesetzte trotz bestehenden Rechts einem den Sonderurlaub zu gewähren, können Arbeitnehmer diesen mit einer Feststellungsklage einklagen. Wurde der freie Tag vom Lohn abgezogen, kann zur Zahlung des fehlenden Lohns geklagt werden. In solchen Fällen empfiehlt es sich allerdings immer, sich zuerst vom Betriebsrat oder einem Anwalt beraten zu lassen.