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Studie: Arme Kommunen setzen auf Steuererhöhungen
Eine Studie von Ernst & Young zeigt auf, wie arme deutsche Kommunen mit ihren Lasten umgehen: Sie setzen auf Steuererhöhungen. Das spült zwar unmittelbar Geld in die Kasse, schwächt jedoch langfristig die Region, weil die Gewerbetreibenden abwandern. Für die Kommunen entsteht ein Teufelskreis.
von Gerrit Wustmann
Studie: Arme Kommunen setzen auf Steuererhöhungen. Arme Kommunen setzen auf Steuererhöhungen
© blackosaka / 123RF

Missverhältnis bei der Steuergestaltung

Die Schere in Deutschland klafft nicht nur vertikal (zwischen Reichen und Armen), sondern auch regional immer weiter auseinander. Die Bürgerinnen und Bürger in insgesamt finanzschwachen Regionen trifft es besonders hart. Wo in einem Bundesland viele benachbarte, finanzschwache Kommunen mit den Lasten fertig werden müssen, erhöhen sie gemeinsam die Steuern. Das betrifft vor allem die Gewerbesteuer, aber auch Abgaben wie die Grund- oder die Hundesteuer. Nach Auskunft des Steuerfachmanns Bernhard Lorentz von Ernst & Young wurden im ersten Halbjahr 2015 in 1.558 deutschen Kommunen die Gewerbesteuern erhöht, nur in 35 Fällen senkte eine Kommune diese wichtige Steuerart. Diese lockt bei einem guten Satz Gewerbetreibende an. Eine weitere wichtige Steuerart ist die Grundsteuer B. Diese zahlen Hausbesitzer, sie wurde von fast 20 Prozent aller Kommunen erhöht. Wenn ein Hausbesitzer vermietet, legt er diese Steuer auf seine Mieter um, was schwächere Haushalte mit Mieterhöhungen besonders trifft. Auf diese Weise wächst nun in Deutschland die Kluft zwischen den wohlhabenden und den armen Gemeinden. Letztere finden sich offenbar hauptsächlich im Saarland, in Nordrhein-Westfalen und in Hessen, denn hier wurden am häufigsten Steuern erhöht. Wie gewohnt scheint es hingegen den bayerischen und baden-württembergischen Kommunen gut zu gehen, hier musste kaum jemand mehr zahlen.

Prekäre Langfristfolgen

Die Autoren der Studie warnen vor den Langfristfolgen von Steuererhöhungen gerade in armen Kommunen. Die Attraktivität einer Kommune hängt in hohem Maße von ihren Steuersätzen ab. In der Regel wirken ohnehin noch weitere Faktoren in diesen Gemeinden ungünstig, nämlich eine Überschuldung, damit Einsparungen an der Infrastruktur und in der Folge eine sinkende Lebensqualität. Die Menschen verdienen oft weniger und finden weniger kostengünstige Freizeitmöglichkeiten vor, müssen aber höhere Steuern zahlen. Gewerbetreibende treffen auf ärmere Kundschaft, erzielen geringere Gewinne und sehen sich zusätzlich mit höheren Steuerlasten konfrontiert. Wer kann, wandert daraufhin ab. Das macht die Kommune noch ärmer. Dabei stehen Kommunen untereinander im Wettbewerb, den die reicheren Städte gewinnen. Sie steigern durch eine gute konjunkturelle Lage ihre Einnahmen, bauen Schulden ab und investieren in ihre Strukturen. Damit bleiben sie für die Unternehmen attraktiv, auch neue Einwohner zieht es dorthin. Dieser Trend wird sich laut Steuerforscher Lorentz fortsetzen. Spielräume für arme Gemeinden, ihre Steuern zu senken, gibt es laut dem Fachmann nicht. Damit wird Deutschland regional ärmer.

Einige Fakten aus der Ernst & Young Studie

Die Fakten betreffen stets das erste Halbjahr 2015.

  • Die höchsten Hebesätze bei der Gewerbe- und der Grundsteuer gibt es in NRW-Kommunen.
  • Spitzenreiter unter größeren Städten sind Duisburg und Rüsselsheim.
  • Von 11.103 deutschen Kommunen erhöhten 2.049 die Grundsteuer B.
  • Bundesweit erhöhte sich der Grundsteuerhebesatz von durchschnittlich 358 auf 365 %.
  • Die Gewerbesteuer erhöhten 14 % aller Kommunen, bundesweit stieg der Hebesatz von durchschnittlich 354 auf 357 %.
  • In Nordrhein-Westfalen stieg der durchschnittliche Grundsteuerhebesatz um 31 Punkte auf 493 %. Zum Vergleich: Schleswig-Holstein erhebt 311 %, Bayern 341 %.

Begründungen für die Steuerhöhungen

Stadtverwaltungen begründen vielfach ihre Steuererhöhung damit, dass ihre Kommune dem kommunalen Schutzschirm ihres Bundeslandes beigetreten ist. Das betrifft Städte in Finanznot, die aber zum Schutzschirm einen eigenen Beitrag leisten müssen. Dieser kann nur durch die Anhebung von kommunalen Hebesätzen aufgebracht werden. Diese Tendenz wird sich wahrscheinlich fortsetzen, wenn die Städte mit sozialen Aufgaben wie der Bewältigung der Flüchtlingszahlen vom Bund alleingelassen werden. Die meisten der betroffenen Kommunen haben schon weitere Steuererhöhungen angekündigt.

Quelle: Wohnen und Wirtschaften wird teurer – immer mehr Kommunen erhöhen Gemeindesteuern

von Gerrit Wustmann

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