Die Arbeitslosigkeit ist ungebrochen hoch. Die Zahl jener Menschen, die trotz Vollzeitstelle nicht genug Geld zum Leben haben und zusätzliche Transferleistungen in Anspruch nehmen müssen, wächst beständig. Breite Schichten erwartet eine Rente, die kaum das Existenzminimum deckt. In den kommenden Jahren wird sich dieses Problem massiv verschärfen und die Politik erweckt nicht den Eindruck, als würde sie aktiv nach konsensfähigen Lösungen suchen. Während die einen beschwichtigen, prophezeien andere eine soziale Katastrophe.
Lösung für soziale Probleme?
Schon vor hundert Jahren sahen Intellektuelle wie George Orwell voraus, dass sich im Zuge der Technisierung viel mehr Arbeit von viel weniger Menschen würde bewältigen lassen. Die Welt, in der alle wesentlichen Arbeiten von Maschinen erledigt werden, sah der britische Schriftsteller damals sehr positiv. Er erwartete wachsenden Wohlstand und mit der frei gewordenen Zeit wachsende Bildung.
Doch das ist bislang nicht eingetreten. Im Gegenteil. Die Rhetorik gegenüber Arbeitslosen und wenig verdienenden Arbeitern in der britischen Presse der Dreißiger Jahre klingt frappierend nach den Stigmatisierungen im 21. Jahrhundert. Statt Problemlösungen anzugehen, werden die Schwachen aktiv ausgegrenzt – in Ländern mit einem weniger gut funktionierenden Sozialsystem als in Deutschland noch wesentlich stärker als hierzulande.
Aber können Konzepte wie das BGE hier wirklich Abhilfe schaffen? Strukturell gibt es unterschiedliche Ansätze, die alle einen gemeinsamen Grundgedanken haben: Jeder Bürger soll einen monatlichen Sockelbetrag zur Verfügung gestellt bekommen, der seine Existenz sichert und ihn unabhängiger von ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen macht. Zudem würde verhindert, dass Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben, ins Aus gedrängt würden. Kritiker monieren erstens, dass so ein Modell unbezahlbar wäre, andere fürchten, dass viele dann gar keinen Anreiz mehr hätten, eine Arbeit aufzunehmen und wenig angenehme Jobs nicht mehr gemacht würden.
Mehrere Modelle für ein BGE
Je nach Modell schwankt die Höhe des BGE zwischen wenigen hundert und weit über 1000, – €. Zur Refinanzierung soll beispielsweise beim „Solidarischen Bürgergeld“, angeregt von Dieter Althaus (CDU) im Gegenzug die Steuerlast auf jeden zusätzlich verdienten Euro auf 50 % steigen. Der Ökonom Milton Friedman hatte bereits 1962 eine „negative Einkommenssteuer“ angeregt: Wer unter einem bestimmten Betrag jährlich verdient (ähnlich dem Grundfreibetrag), zahlt keine Steuern, sondern erhält Geld vom Finanzamt, damit ihm mindestens der Grundfreibetrag zur Verfügung steht. Der Unternehmer Götz Werner möchte das BGE durch die Schrittweise Abschaffung der Einkommenssteuer einführen und im Gegenzug die Mehrwertsteuer schrittweise auf 100 % erhöhen – ein ähnliches Steuerkonzept gibt es bereits beispielsweise in Dubai.
Alle diese Modelle wurden mehrfach durchgerechnet und sind finanzierbar – zudem sämtliche bisherigen Transferleistungen wie Arbeitslosengelder wegfallen würden und ebenso der dahinter stehende Bürokratieapparat, da Einzelfallprüfungen nicht mehr notwendig wären. Alle Modelle haben in Details ihre Vor- und Nachteile, versuchen aber, solidarische Lösungen für bestehende und kommende Probleme zu liefern. Ob ihre Einführung eines Tages tatsächlich kommen wird, ist weniger eine Frage der Machbarkeit, sondern ideologischer Natur.