Fakt ist: der Strompreis steigt. Durchschnittlich 28 Cent kostet momentan die Kilowattstunde den Endverbraucher. Fast doppelt so viel wie vor rund fünfzehn Jahren. Preistreiber waren nicht nur die Energiekonzerne, auch Steuern und Abgaben sind gestiegen, allen voran die EEG-Umlage, mit der die Erneuerbaren Energien im Zuge der Energiewende subventioniert werden. Sie sorgt dafür, dass Erzeuger von Wind- oder Sonnenenergie einen festen Betrag für ihren Strom erhalten, damit die Wende auch funktioniert und Investoren Planungssicherheit haben.
Seit 2014 macht Ökostrom offiziell den wichtigsten und größten Posten im deutschen Energiemix aus: rund 30 %. Die Kernenergie liegt bei unter 15 %. Bis 2020 soll das letzte Atomkraftwerk vom Netz gehen. Und bis 2050 soll der Anteil Erneuerbarer Energien bei 80 % liegen. Auch umweltschädliche fossile Energieträger wie die Braunkohle sollen in absehbarer Zeit abgeschafft werden. Schon jetzt rentieren sich die meisten Braunkohlekraftwerke nicht mehr. Deutschland ist damit Vorreiter in Sachen saubere Energie.
Günstiger Strom für die Industrie
Fakt ist auch: Der Strompreis für Endverbraucher könnte sinken, wenn die stromintensive Industrie stärker an der Energiewende beteiligt würde. Der Bruttopreis pro Kilowattstunde kostet für die Industrie durchschnittlich halb so viel wie für Privathaushalte oder kleinere Betriebe. Das liegt daran, dass man sich ganz oder teilweise von der EEG-Umlage befreien lassen kann, wenn man bestimmte Mengen Strom verbraucht. Die Politik hat diese Befreiungsmöglichkeit geschaffen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu erhöhen. Die Industrieverbände klagen dennoch, die Strompreise seien zu hoch und üben weiter Druck auf die Politik aus. Tatsächlich sind die deutschen Industriestrompreise im internationalen Vergleich sehr günstig – so günstig, dass grenznahe Betriebe im Ausland bereits eigene Stromleitungen nach Deutschland legen lassen, um von den niedrigen Preisen zu profitieren. Eine etwas stärkere Beteiligung der Industrie an den Energiewendekosten würde deren Wettbewerbsfähigkeit also kaum tangieren. Die Industriestrompreise sind in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken, während sie beim Endverbraucher stiegen.
Immense Folgekosten der Kernenergie
Also zurück zum vermeintlich billigen Atomstrom? Nein, das kann keine Option sein. Jahrzehntelang hat die Atomindustrie Hand in Hand mit der Politik millionenschwere PR-Kampagnen gefahren, um den Menschen die Lüge vom billigen und sicheren Atomstrom einzutrichtern – und das obwohl man keine Ahnung hatte, wie man mit dem giftigen Atommüll verfahren sollte. Obwohl man wusste, dass die sogenannten Endlager allenfalls Notlösungen sind. Und obwohl man absehen konnte, dass die Folgekosten ins Unermessliche steigen würden.
Wie teuer eine Kilowattstunde Atomstrom wirklich ist, lässt sich bis heute nicht genau beziffern, man kann aber von mehreren Euro ausgehen. Dass die Kernenergie dem Verbraucher günstig vorkam, lag daran, dass der Großteil der realen Kosten nicht auf seiner Stromrechnung auftauchte. Dabei wurde Atomstrom von Anfang an wesentlich höher subventioniert als heute der Ökostrom – nur eben über die Steuern. Der Verbraucher sollte nichts merken, denn das hätte das PR-Märchen zerstört.
Dass sich die Kosten bis heute nicht genau beziffern lassen, liegt daran, dass die in Zukunft noch entstehenden Kosten rund um Endlagerung und Entsorgung des hochgiftigen strahlenden Atommülls kaum zu überblicken sind. Fest steht, dass noch unsere Kinder, deren Kinder und deren Enkelkinder an diesem Problem zu knabbern haben werden. Noch Jahrzehnte nachdem das letzte AKW abgeschaltet wurde. In dieses Bild passt es, dass die Energiekonzerne zur Zeit versuchen, die Kosten des Atomausstiegs, die Stilllegung und den Rückbau der Kraftwerke auf die Steuerzahler abzuwälzen.
Fazit: Je schneller wir aus der Kernenergie rauskommen, desto besser. Und je weiter sich Ökostrom etabliert, je größer sein Anteil im Energiemix ist, desto schneller können auch Subventionen abgebaut werden – was die Preise wieder sinken lassen wird.