Auch wenn die Deutsche Post nach eigenen Aussagen die Erhöhung noch nicht beschlossen hat, müssen sich die Kunden auf eine erneute Verteuerung beim Briefporto einstellen. Das letzte Wort hat in jedem Fall die Bundesnetzagentur – die Aktien der Deutschen Post haben mit einem zwischenzeitlichen Anstieg die Pläne schon eingepreist.
Neues Gesetz eröffnet Spielraum für Portoerhöhung
Von 70 Cent für den Standardbrief ist die Rede, wenn es um die Ausschöpfung der neuen Gestaltungsspielräume bei den Preisen der Deutschen Post geht. Hintergrund ist eine Änderung im Postgesetz, die in diesem Jahr in Kraft getreten ist. Wurde bislang die Inflationsrate herangezogen, die nach Abzug des Zuwachses an Produktivität im Betrieb der Deutschen Post als Maßstab für die Preisgestaltung galt, muss die Bundesnetzagentur nun auch die Gewinnsituation bei anderen europäischen Postgesellschaften mit berücksichtigen: Verdienen diese mehr, als dies bei der Deutschen Post der Fall ist, darf an der Preisschraube gedreht werden. Da der deutsche Dienstleister im europäischen Maßstab bislang eher das Mittelfeld belegt, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass der Sprung auf 70 Cent für den Standardbrief Wirklichkeit wird. Die in Bonn ansässige Bundesnetzagentur wird frühestens Ende Oktober Details dazu bekannt geben, zunächst ist der EU-Markt zu sondieren.
Entscheidung bis Ende Oktober erwartet
In Kraft treten soll die Erhöhung Anfang 2016. Nach einem Stillstand von 2003 bis 2013, als der Standardbrief 55 Cent kostete, wäre das schon die vierte Anhebung des Briefportos seit 2013. Der Aufschlag um acht Cent würde der Deutschen Post einen Umsatzzuwachs von rund 200 Millionen Euro bescheren – zumindest rechnerisch. Allerdings ist die Entscheidung noch nicht gefallen, der Vergleich der Umsatzrenditen ist nicht einfach. Ein ganzer Teil der europäischen Postgesellschaften befindet sich nach wie vor in staatlicher Hand, sodass die Daten nur schwer zugänglich sind. Sollte sich dieser Preisspielraum eröffnen, wird dieser aber auch ausgeschöpft, so ein Sprecher der Deutschen Post. Allerdings wollte er sich nicht hinsichtlich der anvisierten Höhe des neuen Briefportos festlegen lassen.
Streikkosten werden auf Verbraucher umgelegt
Als Begründung führt die Deutsche Post selbst nicht nur die neue Preisregel ins Gefecht, auch die durch den langen Streik und die in der Folge ausgehandelten Einmalzahlungen werden als Kostentreiber genannt. Allein der Streik würde demnach mit rund 100 Millionen Euro zu Buche schlagen, die Einmalzahlungen an die Mitarbeiter rund 400 Millionen Euro – von einer Verteuerung sollten die Verbraucher also in jedem Fall ausgehen. Natürlich gibt es auch Kritik an den Plänen, vor allem der Bundesverband Paket und Expresslogistik findet harsche Worte, die sich in erster Linie gegen die Bundesregierung richten, die diese Gesetzesänderung initiiert hatte. So wäre es möglich, das Briefporto in Zukunft ganz nach Belieben zu erhöhen und die Verbraucher unbotmäßig zu belasten.
Deutsche Post in EU kein Einzelfall
Ein Blick über die deutschen Grenzen hinaus zeigt allerdings, dass für die EU ein Durchschnittspreis von rund 67 Cent für den Standardbrief zu verzeichnen ist. Besonders auffällig erhöhte die italienische Post das Briefporto: Von einst 80 Cent stieg der Preis auf 95 Cent pro Brief, in Luxemburg stiegen die Kosten von 60 auf 70 Cent – ein ähnlicher Sprung wird wohl auch in Deutschland zu erwarten sein. Die Aktionäre der Deutschen Post konnten sich schon freuen: Der erwartete Umsatzzuwachs ließ auch die Aktien steigen, von 23,30 Euro am 24. September konnten sie auf aktuell 26 Euro klettern. Ende Oktober wird sich die Bundesnetzagentur melden, auch wenn jetzt schon klar sein dürfte, dass der Postversand im nächsten Jahr teurer werden wird.