Für Selbständige und Unternehmer ergibt sich im Umgang mit den Kunden immer wieder dasselbe Problem: Ein gewisser Prozentsatz der Kunden zahlt nur sehr unzuverlässig und verzögert, manche gar nicht.
Während Totalausfälle je nach Höhe ein Existenzrisiko darstellen können, sind verzögerte Zahlungen mehr als nur ein kleines Ärgernis. Jeder Unternehmer hat laufende Kosten. Kann er diese aufgrund offener Forderungen seinerseits nicht begleichen, muss er Kredite aufnehmen um die Lücke zu überbrücken. Das kostet unter Umständen viel Geld, abhängig von der Höhe der Kreditzinsen und der Laufzeiten. Außerdem fressen das Schreiben von Mahnungen und die Verwaltung gerichtlicher Mahnverfahren Zeit und Geld. Und beides wird eigentlich anderswo im Unternehmen benötigt.
Factoring-Definition: Outsourcen von finanziellen Forderungen
Eine Möglichkeit, diese Problematik zu umgehen, ist Factoring: Gegen eine Gebühr (je nach Umsatz, Unternehmensform und weiteren Faktoren) von in der Regel zwischen zwei und fünf Prozent kann man seine Verbindlichkeiten abgeben.
Das funktioniert so, dass der Factoring-Anbieter den Rechnungsbetrag umgehend begleicht, natürlich abzüglich der Gebühr, die er für seine Dienstleistung berechnet. Als Unternehmer erhalten Sie so die offenen Kosten zügig zurück, während die Factoring-Gesellschaft den offenen Betrag dann beim Kunden eintreiben muss. Damit hat man als Factoring-Kunde aber nichts mehr zu tun.
Factoring soll Kosten und Aufwand minimieren
Die Factoring-Vorteile liegen klar auf der Hand: Selbstständige und Unternehmer haben sofort das Geld zur Verfügung und müssen sich nicht mehr darum kümmern, dass offene Rechnungen bezahlt werden oder dass säumige Kunden Mahnungen erhalten. Außerdem sind die Factoring-Gebühren oft niedriger als die Kosten, die es verursacht, wenn Kunden nicht oder nicht rechtzeitig zahlen. Die Gebühren für das Verfahren können als Betriebsausgaben von der Steuer abgesetzt werden, was den finanziellen Aufwand noch weiter reduziert.
Während bis vor einigen Jahre das Factoring nur für große Unternehmen angeboten wurde, deren Umsätze mindestens im sechsstelligen Bereich liegen, gibt es heute auch Angebote für Selbständige und sogar für Freiberufler. Die Regel ist, dass man Factoring-Verträge über bestimmte Laufzeiten (zum Beispiel ein Rechnungsjahr) abschließt. Es gibt aber auch flexiblere Modelle, die sich für kleine Unternehmen eher eignen.
Formen des Factorings
Factoring gibt es in verschiedenen Verfahren. So kann unterschiedlichen Bedarfen und Ansprüchen nachgekommen werden. Für jedes Unternehmen eignet sich eine andere Art des Factorings.
Die bekanntesten Factoring-Verfahren sind:
- Full Service Factoring
- Inhouse Factoring
- Offenes Factoring
- Standby-Factoring
- Stilles Factoring
- Teilfactoring
Full Service Factoring
Bei dieser Factoring-Variante wird die gesamt Finanzierung übernommen. Hierbei geht es darum, dass die Forderungsverwaltung sowie die Risikoübernahme vollständig beim Factoring-Unternehmen liegt. Als Unternehmen geben Sie bei diesem Verfahren sämtliche Aufgaben rund um die Forderung ab und lagern damit ihre Finanzen im Prinzip aus. Dadurch entlasten Sie Ihr Unternehmen und haben mehr Zeit und Kapazitäten für Ihr Kerngeschäft.
Als Nachteil dieser Methode sind im Wesentlichen die – im Vergleich zu anderen Verfahren – höheren Kosten zu nennen. Außerdem besteht durch die Auslagerung dieser Finanzthematik auch die Gefahr, dass Sie den Überblick über die Finanzen etwas verlieren. Ebenso kann auch die Kundenbindung durch diese Form des Factorings beeinflusst werden.
Inhouse Factoring
Die Variante des Inhouse Factorings ist vor allem für größere Unternehmen interessant. Hierbei geht es darum, dass die Forderungen gegenüber einem Kunden nicht an einen externen Factorer verkauft werden, sondern dass eine Firma eine eigene Abteilung gründet, die ausschließlich für die Verwaltung von Forderungen zuständig ist. Die Kontrolle über die Verwaltung der Forderungen wird damit nicht abgegeben und bleibt in der Firma. Allerdings ist der Aufbau einer solchen Abteilung aufwändig und erfordert zeitlichen und personelle Kapazitäten, daher ist dieses Verfahren für kleine Unternehmen kaum geeignet.
Offenes Factoring
Beim Offenen Factoring weiß der Debitor, dass die Forderungen durch ein Factoring-Institut eingetrieben werden. Das offene Factoring kann kombiniert werden mit dem Full Service- und dem Teilfactoring. Da ein mögliches Mahnwesen in diesem Fall im Nahmen des Factoring-Anbieters erfolgt, kann es keinen negativen Einfluss auf den Ruf der Firma haben. Gleichzeitig wissen Kunden jedoch hierbei auch, dass sich das Unternehmen eines Factoring-Anbieters bedient, was nicht immer gewünscht ist.
Stilles Factoring
Beim Stillen Factoring erfährt der Debitor – im Gegensatz zum offenen Factoring – nicht, dass ein Drittfinanzierer sich um die Zahlung der Forderungen kümmert. Auch das Stille Factoring kann mit dem Full Service- oder Teilfactoring kombiniert werden. Häufig muss bei dieser Factoring-Art mit höheren Kosten gerechnet werden, da der Factoring-Anbieter einen Mehraufwand hat, da alle Vorgänge im Namen des Auftraggebers ausgeführt werden. Außerdem braucht der Factorer hier einen Einblick in das Konto des Auftraggebers, um Zahlungseingänge kontrollieren zu können.
Standby-Factoring
Beim Standby-Factoring werden die offenen Rechnungen erst dann an das Factoring-Institut weitergegeben, wenn ein Kunde tatsächlich nicht bezahlt. Das heißt hierbei wird grundsätzlich nur die Abwicklung des Mahnverfahrens abgegeben. Da das Factoring-Institut hierbei ein höheres Risiko trägt, sind die Kosten für diese Form des Factorings in der Regel auch höher.
Teilfactoring
Beim Teilfactoring werden nicht alle Forderungen an das Factoring-Institut weitergegeben, sondern nur der Teil, bei dem es aus unternehmerischer Sicht am sinnvollsten ist. Hierbei sind Sie ganz flexibel, um welche Forderungen Sie sich selbst kümmern möchten und welche Forderungen Sie lieber auslagern. Das ist vor allem bei den Forderungen sinnvoll, bei denen der Zahlungsverzug oder Zahlungsausfall am größten ist.
Gleichzeitig muss bedacht werden, dass bei diesem Verfahren die Finanzen nicht komplett abgeben werden und daher auch ins Zeitbudget eingerechnet werden müssen. Eine vollständige Sicherheit vor Zahlungsausfällen ist Ihnen hierbei nicht gegeben.
Die Vorteile des Factorings
Der Hauptvorteil des Factorings liegt auf der Hand: Unternehmen sichern sich mit diesem Verfahren ihre Liquidität. Rechnungen werden umgehend beglichen und mögliche Zahlungsschwierigkeiten der Kunden werden zwischen dem Factoring-Institut und dem Kunden geklärt. Das Ausfallrisiko ist für den Factoring-Kunden gleich Null, da der Factorer dieses Risiko trägt.
Ein weiterer Vorteil ist daher natürlich auch, dass der Aufwand von Mahn- und ggf. Inkassoverfahren entfällt. Wodurch sich Zeit und Geld sparen lassen, was insbesondere für kleine Unternehmen möglicherweise sonst zu einer Existenzbedrohung werden könnte. Außerdem bleibt so mehr Zeit, sich auf die Kernaufgabe des Geschäfts zu konzentrieren.
Ebenso erhalten Nutzer der Factoring-Verfahrens die Möglichkeit Einkaufsvorteile zu nutzen, denn durch eine verbesserte, zusätzliche Liquidität können Rechnungen schneller gezahlt und Skonti genutzt werden. Solche Verlässlichkeiten verbessern langfristig auch die Beziehung zu Kunden.
Wann sich Factoring lohnt
Die Frage ist: Ab wann und für wen lohnt sich Factoring? Das hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen von der Anzahl der Kunden, die man hat – und davon, wie hoch der Anteil jener ist, die eine eher laxe Zahlungsmoral haben.
Wer schon einmal Probleme aufgrund ausbleibender Zahlungen hatte oder gar einen Kredit aufnehmen musste, um flüssig zu bleiben, findet im Factoring eine gute und kostengünstige Lösung. Aber auch Unternehmer mit zuverlässigen Kunden können einmal nachrechnen: Welche Kosten verursachen Ausfälle und Forderungsmanagement? Und welche Factoring-Gebühr im Gegensatz dazu entstehen würde? Liegen die Factoring-Kosten niedriger, dann lohnt es sich in jedem Fall.
Trotzdem sollte man einen Factoring-Vertrag nicht voreilig abschließen. Es gibt am deutschen Markt Hunderte Factoring-Anbieter mit teils sehr unterschiedlichen Konditionen, die man vorab unbedingt vergleichen soll. Es gibt auch entsprechende Vergleichsportale im Internet, die dabei helfen können. Am besten ist es aber, bei mehreren Anbietern individuelle, auf das eigene Unternehmen zugeschnittene Angebote einzuholen.
Häufig gestellte Fragen zum Factoring-Verfahren
Beim Factoring geht es um den Verkauf von Forderungen. Der Factoring-Kunde leitet seine Forderungen an ein Factoring-Unternehmen weiter. Dieses zahlt in einer Direktzahlung die offene Forderung an das Unternehmen, wodurch hier keine Liquiditätsengpässe entstehen können. Die noch offene Forderung wird danach durch den Kunden an das Factoring-Unternehmen beglichen. Kommt es nun zu einer Zahlungsverzögerung oder gar zu einem Zahlungsausfall hat der Unternehmer oder Selbstständige dadurch keine finanziellen Schwierigkeiten. Alle folgenden Aktivitäten rund um die Zahlung werden zwischen dem Factoring-Unternehmen und dem Kunden abgewickelt.
Wie hoch die Kosten vom Factoring ausfallen, ist von mehreren Faktoren abhängig. Ausschlaggebend sind hier der Jahresumsatz eines Unternehmens und das durchschnittliche Zahlungsziel ebenso wie die Anzahl der Kunden/Debitoren und der gestellten Rechnungen der Factoring-Kunden. Ein wichtiger Kostenfaktor sind darüber hinaus Bonitätsprüfungen der Debitoren. Diese werden in der Regel zu Beginn und dann einmal im Jahr durchgeführt, um das Ausfallsrisiko für das Factoring-Institut zu reduzieren.
Factoring kann sowohl von großen Unternehmen als auch von mittelständischen und kleinen Unternehmen genutzt werden. Auch Selbstständige und Freiberufler können von diesem Verfahren profitieren.
Das Ausfallrisiko übernimmt der Factor zu 100 %. Daher nehmen die Factorer auch zu Beginn und einmal pro Jahr eine Bonitätsprüfung der Kunden durch, um das Ausfallrisiko bewerten zu können. Für jeden Debitor wird ein individuelles Kauflimit festgelegt, um das Risiko möglichst gering zu halten.