In kaum einem Land sind die Gesamtabgaben auf den Arbeitslohn so hoch wie in Deutschland. Vor allem die vergleichsweise hohen Sozialabgaben fallen dabei ins Gewicht – und zwar wesentlich stärker als die Steuern. Ab 2019 sollen die Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung daher entlastet werden. Gesundheitsminister Jens Spahn hat nun mehrere Maßnahmen auf den Weg gebracht.
Geringere Zusatzbeiträge
Aktuell zahlen die gesetzlich Versicherten rund ein Prozent ihres Einkommens als Zusatzbeitrag zur Krankenversicherung. Dieser Zusatzbeitrag soll ab 1. Januar 2019 paritätisch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt werden. Laut Bundesgesundheitsministerium soll die Entlastung pro Versichertem bis zu 38 Euro im Monat betragen. Die milliardenschwere Entlastung der Versicherten stößt bei Arbeitgeberverbänden, wie zu erwarten, auf wenig Gegenliebe. Schon jetzt wird vor Jobverlusten gewarnt und gemahnt, eine solche Reform würde Arbeit verteuern und die Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Angesichts der Tatsache, dass die Unternehmensgewinne in den letzten Jahren deutlich rasanter gestiegen sind als die Löhne, sind diese Befürchtungen aber kaum ernstzunehmen.
Entlastung für Selbständige
Vor allem kleine Selbständige hatten bislang enorme Probleme damit, die Kosten ihrer gesetzlichen Krankenversicherung zu schultern. Als umsatzsteuerbefreiter Kleinselbständiger gilt, wer im Jahr nicht mehr als 17.500 Euro Umsatz macht. Bislang mussten auch Selbständige, die nur wenig Geld verdienen, monatlich mindestens 342 Euro in die gesetzlichen Kassen einzahlen. Für viele ist das existenzbedrohend. Die Abgaben stehen in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Einnahmen. Ab 2019 wird dieser Betrag auf 171 Euro halbiert, was eine deutliche Entlastung bedeutet, die Hunderttausenden Selbständigen größeren finanziellen Spielraum verschaffen wird.
Weitere Reformen sehen vor, dass die Kassen ihre Rücklagen stärker im Tagesgeschäft investieren sollen. Ziel ist es, den Abgabensatz von derzeit 14,6 Prozent langfristig zu senken und die Versicherten noch weiter zu entlasten. Kritiker befürchten, dass dies einige Kassen in finanzielle Schieflage bringen könnte. Spahn selbst bezeichnet die Reform als „eine der größten Entlastungen in der Geschichte der deutschen Sozialversicherung“.
Langfristig die größte Entlastung könnte neben einer Bürgerversicherung, in die alle Bürger einzahlen müssten, auch die Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze bringen, mit der Gutverdiener aktuell deutlich bessergestellt werden. Es ist aber unwahrscheinlich, dass eine derartige Reform unter einer Unionsregierung realisiert wird.