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Die Rolle von Online-Preisvergleichsportalen: Klage gegen Check24.de
Laut dem Bundesverband deutscher Versicherungskaufleute halten sich Vergleichsportale im Internet nicht an die gesetzlichen Vorschriften für Versicherunsmakler. Nun wurde Klage gegen Check24 eingereicht.
von Thomas Schulz
Die Rolle von Online-Preisvergleichsportalen: Klage gegen Check24.de. Check24 Vergleichsportal
© Screenshot check24.de

Vergleichsportale übernehmen aus Sicht von Kunden durchaus eine wichtige Rolle bei Vertragsabschlüssen zu Versicherungen, Strom, Reisen, Krediten oder Handytarifen. Die Branchenführer wie Check24, Toptarif oder Verivox liefern nach der entsprechenden Suche umgehend eine Liste der meisten Anbieter. Der günstigste Tarif steht ganz weit oben. Dieser Service ist für Verbraucher erstmal „kostenlos“ und führt oft zu großen Ersparnissen gegenüber den Verträgen, die der klassische Vertrieb mit Handelsvertretern und regionalen Büros / Bankfilialen zu bieten hat. Dieser Vertrieb, den enge gesetzliche Regeln binden, wehrt sich jetzt gegen die neue Online-Freiheit zu den eigenen Ungunsten. Der BVK (Bundesverband deutscher Versicherungskaufleute) hat Klage gegen Check24 wegen Pflichtverletzung eingereicht. Das Portal, das wie ein Makler tätig sei, halte sich nicht an die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und erwirke damit einen unlauteren Vorteil im Wettbewerb, so heißt es in der Klageschrift. Die Vorwürfe basieren auf dem Hintergrund der harten Online-Konkurrenz, völlig aus der Luft gegriffen sind sie dennoch nicht.

Was leisten die Vergleichsportale wirklich?

Millionen Verbraucher vertrauen den Empfehlungen von Check24 & Co, weil sie damit Geld sparen. Das stimmt sogar sehr oft im Vergleich zu den Angeboten aus den klassischen Vertriebskanälen. Doch Verbraucherschützer warnen seit einiger Zeit davor, den Rankings der Vergleichsportale blind zu vertrauen. Die meisten dieser Portale kassieren bei einem Vertragsabschluss mit, was an sich nicht schlimm und ein offenes Geheimnis ist. Wovon sollen sie sonst leben? Die Vorwürfe des Bundesverbandes deutscher Versicherungskaufleute gegen Check24 gehen daher auch mehr in die Tiefe. Die klassischen Versicherungsfachleute werfen dem Internetportal vor, Verbraucher gezielt in die Irre zu führen. Check24 “tarne” sich nämlich als Preisvergleichsportal, weil die Kunden die an den Betreiber entrichteten Vertriebsprovisionen nicht erkennen können. Das bedeutet dann auch, dass das Portal nur den Eindruck erwecke, es liste alle möglichen Anbieter einer Leistung auf. In Wahrheit dürften sich dort nur diejenigen Anbieter finden, die an Check24 eine Provision zahlen. Da der Kunde das nicht schlussfolgern könne, werde er getäuscht. Es fragt sich nun, ob ein Richter dieser Argumentation folgen wird, denn die Provisionen an einen Versicherungsvertreter kennen dessen Kunden auch nicht. Doch die Makler des BVK behaupten, Check24 würde gesetzliche Pflichten verletzen. Die Klage wurde beim Landgericht München eingereicht, nachdem Check24 eine Abmahnfrist bis zum 10.07.2015 verstreichen ließ. Die Pflichtverletzung besteht laut BVK darin, dass Check24 seine Statusinformation als Versicherungsvermittler nicht kommuniziere. Der Gesetzgeber schreibt den klassischen Maklern hierzu eine “verständliche Textform beim ersten Kontakt mit einem Kunden” vor. Auch individuelle Leistungs- und Bedarfsanalysen nehme Check24 schließlich nicht vor. Die Verbraucherzentrale Hamburg begrüßte öffentlich den Vorstoß des BKV.

Handfeste Vorwürfe gegen Check24

Der BVK ist der größte deutsche Vermittlerverband von Versicherungskaufleuten. Er fordert seit Jahren den fairen Wettbewerb zwischen Online- und Offline-Vermittlern und ließ seine juristischen Schritte durch ein Gutachten des angesehenen Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski untermauern. Unlauter sei es demnach, wenn eine Vergleichsplattform dem Verbraucher die wesentlichen Informationen vorenthält, die für eine fundierte Kaufentscheidung nötig sind. Tatsächlich wissen viele Nutzer nicht, dass Check24, Verivox und Toptarif eingetragene Versicherungsmakler sind. Ihr Geld verdienen sie mit den Provisionen auf die Vertragsabschlüsse über ihre Webseiten. Das enge Netz von Vorschriften, das klassische Versicherungsmakler bindet, ignorieren sie jedoch in weiten Teilen. Check24 äußerte sich bislang nicht zu den Vorwürfen, nachdem die Klage eingereicht worden war, es hatte sie lediglich im Vorfeld während der Abmahnung zurückgewiesen. Wie der anstehende Prozess ausgeht, ist nach aktuellem Stand (Anfang Oktober 2015) offen.

Hintergrund: Entwicklung auf dem Versicherungsmarkt

In Deutschland gibt es 235.000 Versicherungsvermittler, die meisten von ihnen sind selbstständige Makler oder Handelsvertreter. Ihre Zahl sinkt: 2010 zählte die Branche noch 256.000 Versicherungskaufleute. Ihr Einkommen gerät aktuell unter Druck, jedoch nicht nur wegen der Online-Konkurrenz, sondern vor allem wegen der Kürzungen von Provisionen für Lebensversicherungen durch die Versicherungsgesellschaften. Diese Provisionen waren durch die Bundesregierung im Jahr 2014 per Lebensversicherungsreformgesetz neu festgelegt worden. In den letzten zehn Jahren haben gleichzeitig die Vergleichsportale ihren Marktanteil stark ausgebaut. Verbraucher schließen immer öfter Versicherungsverträge online ab, daher kooperieren die großen Versicherer mit den Vergleichsportalen. In der Branche geht es um viel Geld, die Provisionshöhe beträgt jährlich allein für die Vermittlung von Lebensversicherungsverträgen rund acht Milliarden Euro. Weitere Milliarden fließen in den anderen Sparten wie den Auto-, Kranken-, Gebäude-, Reise- oder Unfallversicherungen. Die Vermittler sollen aber per Gesetz immer höhere Auflagen erfüllen – wohlgemerkt alle Vermittler, unabhängig von ihrem Online- oder Offline-Vertriebsweg. An diese Vorschriften halten sich nach Auffassung des BVK die Online-Vermittler nur höchst ungenügend. Es sind Leistungs- und Bedarfsanalysen zu erstellen, die in einem Beratungsprotokoll dokumentiert werden müssen. Wenn das bei den Vergleichsportalen fehlt, ist die Klage in der Tat berechtigt. BVK-Präsident Heinz vermerkte hierzu, dass der Verbraucherschutz im Internet nicht enden dürfe. Doch die Anpassung der Gesetze hinkt den technischen Entwicklungen hinterher. Die juristische Fachmeinung wiederum gibt dem BVK mit seiner Klager recht: Auch der Bund der Versicherten (BdV) empfiehlt Verbrauchern, sich nie nur auf ein Vergleichsportal zu verlassen.

von Thomas Schulz

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