Mehr als die Hälfte aller Minijobber erhielt im Jahr 2015 einen Lohn unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns. Das ermittelte das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans Böckler Stiftung. Im Jahr 2014 waren es noch fast sechzig Prozent. Auch Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wird vielen demnach verwehrt. Damit verstoßen die Arbeitgeber gegen geltendes Recht.
Stundenlöhne unter 3,50 Euro im Minijob
In Extremfällen gab es Stundenlöhne von weniger als 3,50 Euro. Betroffen davon waren knapp fünf Prozent der Minijobber. Die durchschnittlichen Stundenlöhne lagen bei rund 9,50 Euro. Zwar gehen die Autoren der Studie davon aus, dass sich die Situation im Laufe des Jahres 2016 weiter verbessert hat, stellen aber fest, dass zahlreiche Arbeitgeber die Vorgaben des Mindestlohngesetzes nicht zeitnah umgesetzt haben: „Das weitgehend übereinstimmende Ergebnis erhärtet die Vermutung, dass das Mindestlohngesetz noch längst nicht flächendeckend angewendet wird. Es
hat die Lohnsituation der Minijobber ledig partiell verbessert.“
Außerdem dürfen Minijobber laut Gesetz maximal 12,2 Stunden pro Woche arbeiten. Der Anteil derer, die länger arbeiteten, lag bei zwanzig Prozent. Die längeren und rechtswidrigen Arbeitszeiten waren teils vertraglich geregelt. Um auf die Höchstgrenze von 450 Euro monatlich zu kommen, muss man 53 Arbeitsstunden ableisten. Wer mehr arbeitet, erhält folglich automatisch weniger als den gesetzlich festgelegten Lohn. Dieses Praxis ist bereits bekannt aus der systematischen Umgehung von Tariflöhnen beispielsweise in Supermärkten, wo auch vor und nach Ladenschluss gearbeitet wird, diese Zeit aber nicht in die Lohnberechnung einfließt. In der Studie wurde auch dieser Faktor untersucht: Jede unbezahlte Überstunde verringert den durchschnittlichen Stundenlohn.
Mindestlohn muss stärker kontrolliert werden
Vor allem im Dienstleistungsbereich taucht dieses Problem auf. Die Studie gibt einen Überblick über die am stärksten betroffenen Branchen: „Betroffen sind insbesondere das Gastgewerbe mit 75% und der Einzelhandel mit 53,6%. Außerdem treten Mindestlohnverletzungen mit 62,4% häufiger in Kleinunternehmen (bis 10 Beschäftigte) als in mittelgroßen Unternehmen (44,7%, 11 bis 199 Beschäftigte) und Großunternehmen (40,2%, 200 oder mehr Beschäftigte) auf.“
Es sei also keineswegs ausreichend, den Mindestlohn gesetzlich festzulegen, schreiben die Autoren. Seine Einhaltung müsse viel genauer kontrolliert werden. Zudem merken sie an, dass der Mindestlohn generell zu niedrig angesetzt ist: „Aber selbst wirksame Kontrollen und eine weitgehende Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben lösen nicht das weiterhin verbleibende Problem von Niedriglöhnen. Mit aktuell 8,84 Euro liegt der Mindestlohn noch deutlich unter der bei etwa 9,50 Euro liegenden Niedriglohnschwelle.“
Die komplette Studie kann man HIER einsehen.