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Online-Shopping: Wie zufrieden sind Verbraucher und Händler?
Verbraucher kaufen Schuhe und Kleidung, Elektronik, Geschenkartikel und erst recht Bücher und CDs, sogar viele Lebensmittel online. Dass zu ihrem Schutz Regeln gelten müssen, die einer gelegentlichen Überarbeitung bedürfen, ist selbstverständlich. Nun ziehen Verbraucherschützer und Handelsverbände eine erste Bilanz.
von Thomas Schulz
Online-Shopping: Wie zufrieden sind Verbraucher und Händler?. Was haben die neuen Richtlinien bewirkt, die vor einem Jahr fuer das Online-Shopping eingeführt wurden?
© flytosky/thinkstock

Auf beiden Seiten fällt die Bilanz verhalten positiv aus. Tatjana Halm (Verbraucherzentrale Bayern) sprach gegenüber der DPA von “erstaunlich wenig Beschwerden”. Die meisten Online-Shops hätten die neuen Regelungen relativ zügig umgesetzt und auf ihren Internetseiten auch deutlich kommuniziert. Die private Zertifizierungsstelle Trusted Shops bewertet die Reform per saldo als gelungen. Trusted Shops vergibt – wie noch einige andere Zertifizierer – Gütesiegel an Online-Shops und gilt als führend, die Siegel werden stärker als diejenigen des TÜV beachtet. Sie lassen eindeutig brauchbare Kundenbewertungen einfließen, bewerten aber auch andere Merkmale eines Shops wie seine Usability oder beispielsweise die Bezahlvarianten. Alles Dinge, die bei den neuen Richtlinien eine Rolle spielen. Es gibt aber auch kritische Stimmen. Der HDE (Handelsverband Deutschland) hält die Vorgaben für „praxisfern”, sie seien nicht rechtssicher umsetzbar.

Inhalte der neuen Richtlinie

Deutschland hatte ab dem 13.06.2014 eine EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt, die Verbraucher vor Klauseln und versteckten Kosten noch besser schützen soll. Die Veränderungen betrafen viele Einzelpunkte:

  • Online-Shops sind seither verpflichtet, den Kunden mindestens gebührenfreie Zahlvariante anzubieten.
  • Kostenpflichtige Zusatzleistungen dürfen nicht ein Häkchen für die automatische Anwahl tragen, das der Kunde aktiv abwählen muss.
  • Nach wie vor dürfen Kosten für Retouren dem Kunden auferlegt werden, ein Dauerbrenner für Diskussionen in der Branche.
  • Neue Regeln betrafen des Weiteren Bestellungen per Telefon.
  • Auch Haustürgeschäfte wurden neu geregelt.

Die Richtlinie hat also nicht nur den Online-Handel zum Inhalt. Telefonakquise und Haustürgeschäfte werden von Verbraucherschützern und Juristen spätestens seit den 1970er Jahren kritisch beäugt, die Richtlinien hierfür wurden immer wieder verschärft. Das neue Online-Recht dürfte noch viele Änderungen über sich ergehen lassen müssen, zumal auch die technische Entwicklung sehr schnellen Wandlungen unterliegt. Einkäufe per Smartphone und ebenso die Erfassung eines Kunden über seine Geodaten, um ihm gezielt Werbung auf das Handy einzuspielen, sind brandneue Entwicklungen. Hier geht es nicht nur um Verbraucher-, sondern auch um Datenschutz, der international höchst differenziert betrachtet wird, wie sich am medialen Echo ablesen lässt. Händler und Verbraucher müssen sich daher auf stetige Anpassungen vielleicht im Ein- bis Zweijahrestakt einstellen.

Umsetzung der Richtlinie

Der VZBV (Verbraucherzentrale Bundesverband) hat die Umsetzung gut beobachtet und in Praxistests überprüft. Nach eigenen Angaben sprachen die Verbraucherschützer bislang 42 Abmahnungen aus (Stand: Juni 2015). Das ist angesichts der zahllosen Online-Shops und ihrer täglichen Kaufvorgänge eine sehr geringe Zahl. In 17 Fällen erhoben Verbraucherzentralen Klage gegen einen Shop. Die Klagen betrafen vorrangig Shops aus drei Branchen:

  • Online-Reisebüros bieten vielfach ihren Kunden keine kostenfreie Zahlungsmöglichkeit an, auch verlangen sie gern zu hohe Kreditkartengebühren.
  • Vorrangig bei Lebensmittelhändlern genügten die Widerrufsbelehrungen nicht den neuen Anforderungen.
  • Bei einigen Telekommunikations-Anbietern war es nicht möglich, online die AGB abzurufen

Vereinzelt und branchenübergreifend gab es Fälle, in denen Verbraucher bei einem Widerruf per E-Mail keine Bestätigung erhielten. Das ist auch nicht vorgeschrieben, es wäre ein Akt der Kundenfreundlichkeit durch den Händler. Dieser unterlässt die Bestätigung oft aus Frust, obgleich er den Widerruf durchaus akzeptiert und beispielsweise keine Lieferungen und/oder Lastschriften mehr vornimmt. Auch das ist ein Dauerbrenner im Verhältnis zwischen Kunden und Händlern, der nichts mit der neuen Online-Wirtschaft zu tun hat. Gerade kleinere Gewerbetreibende reagieren so, obgleich ihnen das außer einem schlechten Image nichts einbringt. Der VZBZ vermerkte das Phänomen daher eher am Rande und konstatiert in einem Statement von Juni 2015, dass es für ein abschließendes Fazit noch zu früh sei. Man werde im Verlauf der nächsten ein bis zwei Jahre feststellen, wo sich rechtliche Grauzonen herauskristallisieren könnten. Vom Handelsverband HDE kommt die Kritik, dass Händler seit der Reform für eine Widerrufsbelehrung Vorlagen wählen müssten. Zwar stehen hierfür einige Varianten zur Verfügung, jedoch könne es vorkommen, dass keine dieser Varianten genau zum Sortiment des Händlers passt. Der Rechtsexperte des HDE Peter Schröder teilte mit, dass die Verbandsmitglieder – also betroffene Händler – nach Kräften bemüht seien, die Vorgaben umzusetzen, jedoch auf große praktische Schwierigkeiten stoßen. Es bestünde daher die Gefahr, dass viele der Händler Opfer von Abmahnanwälten würden.

Trusted Shops hatte auch eine Umfrage unter seinen zertifizierten Online-Händlern durchgeführt. Im Ergebnis waren 50 % der Befragten der Auffassung, dass Händler und Kunden gleichermaßen von der Reform profitieren würden. Trusted Shops hatte für das Stimmungsbild 120 Händler befragt. Nur 17 % aus dieser Gruppe sahen negative Auswirkungen auf ihr eigenes Geschäftsmodell.

Die Frage der Retouren

Drei Viertel der deutschen Online-Shops übernehmen nicht freiwillig die Kosten für die Retouren ihrer Kunden. Das müssen sie auch nicht, in der neuen Richtlinie wurde das ausdrücklich noch einmal klargestellt. In diversen Umfragen von Marktforschungsinstituten innerhalb der letzten vier bis sieben Jahre hat sich jedoch herausgestellt, dass die Übernahme von Retourkosten praktisch keine Auswirkungen auf die Zahl der Retouren hat. Das bedeutet: Wenn ein Händler diese Kosten übernimmt, steigen seine Retouren nicht automatisch an. Es gibt zwar auch diesen Effekt, jedoch ist er dann gewöhnlich auch an einen signifikant höheren Umsatz gekoppelt.

Im Klartext bedeutet das: Händler, die kostenlose Retouren ermöglichen – die Bekleidungsbranche ist hier der Vorreiter -, verkaufen deutlich mehr, weil die Retourmöglichkeit manchmal zum Geschäftsmodell gehört. Das wäre etwa beim Online-Verkauf von Schuhen der Fall. Kunden müssen die Chance erhalten, diese anzuprobieren und bei Nicht-Passen zurückzuschicken. Clevere Online-Händler der Branche werben sogar mit der Retourmöglichkeit und fordern den Kunden auf, gleich zwei bis drei Paar der gewünschten Schuhe zu bestellen, damit das passende Paar dabei ist. Den Rest nimmt der Händler kostenlos zurück. Shops, die so ein Modell anpreisen und es womöglich noch mit dem Kauf auf Rechnung und einem 100-tägigen Rückgaberecht koppeln (Paradebeispiel: Zalando), blühen auf und hängen die Konkurrenz meilenweit ab. Auch wenn die Neuregelungen die Übernahme von Retourkosten noch nicht verlangen, sollten Händler diese Statistiken genau studieren und ihre Geschäftspolitik überdenken.

von Thomas Schulz

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