Wenn man seine Schulden nicht mehr bezahlen kann und wenn sich die Gläubiger nicht auf einen Vergleich einlassen, findet man in der Privatinsolvenz die letzte Rettung. Üblicherweise dauert der Prozess sechs Jahre. In dieser Zeit muss der Schuldner einen großen Teil seiner Einkünfte abgeben. Unter Umständen kann es auch zu Pfändungen durch den Gerichtsvollzieher kommen. Der Schuldner steht in dieser Phase in der Pflicht, seine Verbindlichkeiten so gut es ihm möglich ist zu tilgen. Am Ende steht dann die Restschuldbefreiung. Alle noch offenen Schulden werden dann erlassen.
Restschuldbefreiung nach drei Jahren möglich
Dass diese sechs Jahre keine angenehme Zeit sind versteht sich von selbst. Aber es ist ein Mittel, die eigene wirtschaftliche Existenz zu retten und einen Neuanfang wagen zu können. Es besteht außerdem seit Mitte 2014 die Option, die so genannte Wohlverhaltensphase um die Hälfte zu kürzen. Sie dauert dann nur drei Jahre.
Dafür muss man sich aber richtig ins Zeug legen. Wer die Restschuldbefreiung schon nach drei Jahren erhalten möchte, muss dafür die gesamten Kosten des laufenden Insolvenzverfahrens begleichen und darüber hinaus mehr als ein Drittel (35%) der offenen Verbindlichkeiten. Für Arbeitslose und Geringverdiener ist diese verkürzte Privatinsolvenz also so gut wie nie eine Option. Und natürlich spielt auch die Gesamthöhe der Schulden eine Rolle.
Verkürzte Privatinsolvenz gelingt 8,3 Prozent der Schuldner
Die Wirtschaftsauskunftei CrifBürgel hat untersucht, welchen Erfolg die Reform hat. Von fast 50.000 Personen, die in der zweiten Jahreshälfte 2014, also nach Inkrafttreten der Reform, in die Privatinsolvenz gingen, gelang etwas mehr als 4000 Personen, die Restschuldbefreiung nach drei Jahren zu erreichen. Das sind 8,3 Prozent. Auf den ersten Blick klingt das nach wenig. Tatsächlich aber kann die Reform als Erfolg gewertet werden. Denn sie motiviert offenbar viele Betroffene, schneller aus der Schuldenfalle herauszukommen. Auch für die Gläubiger scheint die Regelung annehmbar zu sein – denn viele gehen in Insolvenzverfahren ihrer Schuldner leer aus. Durch die 35-Prozent-Regel wird das nun in fast einem Zehntel der Fälle abgemildert.
Laut CrifBürgel sind es vor allem junge Menschen, denen die Verkürzung gelingt. Das mag daran liegen, dass die Schulden bei jungen Menschen vergleichsweise niedrig sind und diese auch eher Chancen haben, die Gläubiger mit eigenem Einkommen zu bedienen. „Über alle Altersgruppen hinweg liegt die Durchschnittsschuldenhöhe der Betroffenen bei rund 33.500 Euro. Bei unter 30-Jährigen ist der Wert jedoch weitaus geringer. Hier liegt die durchschnittliche Schuldensumme bei knapp unter 15.000 Euro. Mit steigendem Alter steigen auch die Schulden auf bis zu einem Durchschnitt von 43.000 Euro bei den Bundesbürgern in der Altersgruppe 61 Jahre und älter“, heißt es bei CrifBürgel.
Auch Treuhänder und Anwälte verdienen mit
Hinzu kommt ein Problem, dass alle Privatinsolvenzler haben: Sie müssen eben nicht nur ihre Gläubiger bedienen, sondern tragen auch die Verfahrenskosten. Darin enthalten sind die Gerichtskosten, das Honorar des Insolvenzberaters (in der Regel ein Anwalt) und die Gebühren, die der Treuhänder erhebt. Die Zahlungen zur Schuldentilgung werden nämlich nicht an die Gläubiger direkt getätigt, sondern laufen über einen Treuhänder, der die Gelder verwaltet. Und die Treuhänder erhalten einen mitunter erheblichen Anteil. Sie sind diejenigen, die oft das beste Geschäft machen, denn im Gegensatz zu Schuldner und Gläubigern haben sie nicht das Risiko, am Ende Geld zu verlieren.
Der Vorteil bei der verkürzten Insolvenz liegt aber auch deshalb auf der Hand: Es müssen die Anwalts- und Treuhänder nur für drei, und nicht für sechs Jahre Arbeit bezahlt werden. Für Schuldner kann dies eine zusätzliche Motivation sein, sich in der Wohlverhaltensphase anzustrengen. Denn je mehr Geld man verdient, desto eher ist es möglich, dass auch wieder das volle Gehalt auf dem eigenen Konto landet. Und nicht mehr auf dem des Treuhänders.
Zahl der Privatinsolvenzen sinkt weiter
Die Hauptursachen für Überschuldung sind demnach „Arbeitslosigkeit und reduzierte Arbeit, Einkommensarmut, gescheiterte Selbstständigkeit, ein zum Einkommen unpassendes Konsumverhalten, Veränderungen in der familiären Situation wie Scheidung beziehungsweise Trennung und Krankheit.“
Insgesamt befinden sich derzeit rund 650.000 Menschen in Deutschland in einer Privatinsolvenz. Das klingt nach viel. Tatsächlich aber geht die Zahl der Privatinsolvenzen in den letzten Jahren kontinuierlich zurück. Während im Jahr 2010 noch rund 140.000 Privatinsolvenzen angemeldet wurden, sind es inzwischen deutlich unter 100.000. Für das laufende Jahr 2019 rechnen die Experten von CrifBürgel mit nur noch 88.000 neuen Privatinsolvenzen.