Die erste Frage, die sich Angehörige stellen müssen ist: Wie gut sind wir über die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen im Bilde? Hatte er gar Schulden? Wenn man weiß, dass Verbindlichkeiten vorliegen, die mit dem Nachlass nicht ausgeglichen werden können, kann man das Erbe ablehnen. Schwierig wird es, wenn man das nicht weiß. Nimmt man das Erbe an, hat man unter Umständen hohe Schulden. Im Zweifelsfall kann es sinnvoll sein, das Erbe auszuschlagen, schon zum eigenen Schutz. Denn die Schulden des Verstorbenen gehen ebenso wie das Vermögen auf die Erben über.
Kein Testament: Gesetzliche Erbfolge
Wenn kein Testament vorliegt, greift die gesetzliche Erbfolge laut BGB. Hiernach werden potentiell alle direkten lebenden Angehörigen der / des Verstorbenen als Erben eingesetzt, sofern sie das Erbe nicht ausschlagen. Zuerst steht der Ehepartner, dann die leiblichen Kinder oder auch, wenn es keine Kinder gibt, die Eltern. Sind die Kinder des Verstorbenen ebenfalls tot, sind die Enkel an der Reihe und so weiter. Als Erben kommen nie alle, sondern immer nur die am nächsten stehenden Verwandten nach einem sechsstufigen Ordnungssystem in Frage.
- Beispiel 1: Der Verstorbene ist verheiratet und hat Kinder: In diesem Fall erbt die Ehefrau die Hälfte des Nachlasses, die andere Hälfte steht zu je gleichen Teilen den Kindern des Ehepaares zu.
- Beispiel 2: Der Verstorbene ist alleinstehend und hat keine Kinder, aber Geschwister: In diesem Fall wird das Erbe zu gleichen Teilen zwischen den Eltern und den Geschwistern des Verstorbenen aufgeteilt.
Liegt also kein Testament vor, dann ist die Erbfolge klar gesetzlich geregelt.
Testament und Pflichtteil
Komplizierter wird es, wenn ein Testament vorliegt. Dann sind zuerst jene Personen zu bedienen, denen im Testament klar das Erbe zugesprochen wird. Aber selbst wer als naher Angehöriger nicht testamentarisch bedacht oder gar vom Erbe ausgeschlossen wird, kann Ansprüche haben. Denn für direkte Verwandte gilt der gesetzliche Pflichtteil, der von den testamentarisch eingesetzten Erben eingefordert werden kann.
Sind also beispielsweise die allernächsten Verwandten wie Ehefrau oder Kinder vom Erbe ausgeschlossen, können diese bei den Erben ihren Pflichtteil anfordern. Die Erben sind zur Herausgabe verpflichtet. Wie hoch genau dieser Pflichtteil ist, ist zwar klar definiert, ist aber im Einzelfall unter Umständen nur unter größerem Aufwand zu bestimmen: Er beträgt genau die Hälfte dessen, was dem Pflichtteilsberechtigten in der gesetzlichen Erbfolge zustehen würde. Steht der Ehefrau hiernach die Hälfte des Erbes zu, ist es beim Pflichtteil also nur ein Viertel. In der Regel kann der Pflichtteil nicht mit Sachwerten abgegolten werden, sondern nur in Form von Geld, was oft eine komplizierte Wertermittlung nötig macht.
Kommt es zu Erbstreitigkeiten, dann ist anwaltlicher Beistand meist unumgänglich.