Wie oft und wie lange fallen Beschäftigte aufgrund von Krankheit aus – und wie können die Unternehmen darauf angemessen reagieren? Mit diesen Fragen befasst sich der jährliche Fehlzeiten-Report des AOK Bundesverbandes, dessen neuste Ausgabe unlängst vorgelegt wurde. Dafür wurden in einer repräsentativen Stichprobe 2000 Beschäftigte befragt. Dabei ergaben sich alarmierende Erkenntnisse: Jeder zweite Arbeitnehmer geht trotz Krankheit zur Arbeit, und jeder zweite fühlt sich in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Ebenfalls rund die Hälfte der Befragten erlebte außerdem im Laufe der letzten fünf Jahre ein „kritisches Lebensereignis“, das ihn maßgeblich beeinträchtigte. Laut AOK haben besonders kleinere Unternehmen noch große Probleme, mit derartigen Ereignissen und ihren Auswirkungen umzugehen.
Im Schnitt fehlt jeder Arbeitnehmer 19,4 Tage
Besonders herausgehoben werde private Konflikte, finanzielle Probleme oder schwere Erkrankungen von nahen Verwandten. Fast zwei Drittel der Betroffenen spüren demnach körperliche Beeinträchtigungen. Je Älter die Beschäftigten sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie von derartigen Ereignissen betroffen sind. Gut 79 Prozent haben oder hatten psychische Probleme. Insgesamt sind die Ausfallzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen am stärksten gestiegen. Die Frage, ob das an einer tatsächlichen Zunahme entsprechender Erkrankungen liegt oder einfach daran, dass immer mehr Symptome medizinisch klassifiziert und als behandlungswürdig betrachtet werden, bleibt aber offen. Insgesamt aber ist die Zahl der Krankentage weitgehend stabil. Im Schnitt fehlte jeder Arbeitnehmer im Jahr 2016 für 19,4 Tage.
Ein Fünftel der Arbeitnehmer erhalten keine Unterstützung
Die AOK verweist darauf, wie wichtig es ist, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter bei Krankheit und insbesondere bei belastenden Lebenskrisen unterstützen. Die Tatsache, dass so viele sich krank zur Arbeit schleppen, demonstriert, wie viel Nachholbedarf die Wirtschaft hier noch hat. Und zwar auch im eigenen Sinne: Denn kranke und unzufriedene Beschäftigte leisten messbar schlechtere Arbeit als solche, die fit und motiviert sind. Hier Druck auszuüben ist also in jeder Hinsicht kontraproduktiv. Nur rund jeder Fünfte konnte auf eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten in einer kritischen Lebenssituation hoffen; nur ein Drittel konnte darüber mit dem oder der Vorgesetzten sprechen, nur rund 42 Prozent erfuhren im Betrieb Verständnis und Rücksichtnahme. Rund 18,5 Prozent gaben an, dass sie von ihrem Unternehmen keinerlei Unterstützung oder Entgegenkommen erhielten.
Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, stellte klar, dass Prävention nur gemeinsam funktionieren kann. Er meinte damit auch, dass gerade kleine Unternehmen von außen Hilfestellung geleistet werden muss, wenn sie aus eigener Kraft nicht in der Lage sind ihre Mitarbeiter zu unterstützen. Darüber hinaus nimmt er den Gesetzgeber in die Pflicht: Das Präventionsgesetz gehe nicht weit genug, es müsse auch die Kommunen einbinden.