Es gibt unterschiedliche Arten von Bereitschaftsdiensten. In dem Fall, mit dem es das BAG zu tun hatte, klagte ein Rettungsdienst-Mitarbeiter, der ein Bruttogehalt von rund 2680 Euro monatlich bezog für 156 Arbeitsstunden. Damit kam er auf einen Stundenlohn von rund 17,18 Euro. Allerdings leistete er zusätzlichen Bereitschaftsdienst, der nicht gesondert vergütet wurde.
Klage: Bereitschaft muss entlohnt werden
Dagegen klagte der Mann und forderte, diese Zeit müsse mit dem Mindestlohn in Höhe von derzeit 8,50 Euro pro Stunde (ab Januar 2017 sind es 8,84 Euro) entlohnt werden. Das BAG lehnte die Forderung ab. Und zwar mit folgender Begründung: Rechne man alle seine geleisteten Arbeits- und Bereitschaftsstunden zusammen, so käme er noch immer auf einen Stundensatz von fast dreizehn Euro – also deutlich mehr als den gesetzlichen Mindestlohn. Daher seien alle Ansprüche, die sich aus dem Mindestlohngesetz (MiLoG) ergäben, abgegolten.
Das bedeutet zugleich aber auch, dass es wahrscheinlich Arbeitnehmer gibt, bei denen Ansprüche bestehen. Zum Beispiel bei solchen Personen, deren Arbeitszeit mit dem Mindestlohn, deren Bereitschaft aber nicht vergütet wird. Denn rechnet man in solchen Fällen die Bereitschaftsstunden zur Gesamtarbeitszeit, erhalten sie unterm Strich weniger als den Mindestlohn.
Anspruch auf Lohnnachzahlung?
Arbeitnehmer sollten daher jetzt Folgendes tun: Alle geleisteten Stunden inklusive der Bereitschaftsstunden aufsummieren und ausrechnen, welche Höhe ihr Stundenlohn unter dieser Berücksichtigung hat. Liegt er bei unter 8,50 Euro brutto, so bestehen Ansprüche auf Lohnerhöhung und sogar Lohnnachzahlung. In diesem Fall ist es ratsam, einen Arbeitsrechtler zu konsultieren und sich rechtlich abzusichern.
Bereitschaftsdienst vs. Rufbereitschaft
Schon im März 2016 urteilte das Arbeitsgericht Hamburg: „Werden in einem Monat sowohl Vollarbeit als auch Bereitschaftsdienste erbracht, muss im Monatsdurchschnitt der Mindestlohn pro Stunde erreicht werden.“ Eine Ausnahme macht möglicherweise die Rufbereitschaft, da diese im Gegensatz zum Bereitschaftsdienst nur eingeschränkt ortsgebunden ist. Die Abgrenzung zur Bereitschaft ist, dass bei dieser der Arbeitgeber einen Ort bestimmt, an dem sich der Arbeitnehmer aufzuhalten hat – dies kann durchaus auch die heimische Wohnung sein. Eine Rufbereitschaft, die nicht zwangsläufig vergütet werden muss, liegt nur dann vor, wenn es keine Vorgaben zum Aufenthaltsort gibt. Hierbei muss lediglich die konkret geleistete Einsatzzeit vergütet werden.
Für Pflegekräfte fiel ein vergleichbares Urteil bereits im November 2014: Damals stellte das BAG klar, dass auch Bereitschaftszeiten mit mindestens 8,50 Euro zu bezahlen sind. Unterm Strich haben beide Urteile die Rechte von Arbeitnehmern gestärkt und ein mögliches Schlupfloch zur Umgehung des Mindestlohns geschlossen.