Rund fünf bis zehn Prozent Trinkgeld sind in Deutschland üblich. Das sagt der Knigge, verweist aber auch darauf, dass es im individuellen Ermessen liegt. Ob und wie viel Trinkgeld man gibt, kann man nicht zuletzt von der Qualität des gebotenen Service abhängig machen. War dieser besonders gut, darf es gerne etwas mehr sein, war er schlecht, kann man das auch zum Ausdruck bringen, indem man auf Trinkgeld verzichtet. Das Trinkgeld ist somit sowohl eine Anerkennung guter Leistung, eine höfliche Geste, aber auch ein kleiner steuerfreier Bonus, den man Servicekräften durchaus gönnen sollte. Mal ehrlich: auf fünf oder zehn Prozent mehr kommt es nach einem guten Essen nicht an.
Deutsche gelten als Trinkgeld-Muffel
Doch die Deutschen gelten als Trinkgeld-Muffel. Interessant dabei ist, dass eher diejenigen Trinkgeld geben, die selbst wenig haben. Wer das nicht glaubt, spreche mal mit einem Taxifahrer. Die meisten werden das bestätigen. Im Restaurant ist das anders, denn dort wird man von den Tischnachbarn beobachtet und will sich keine Blöße geben. Trotzdem knausern Deutsche im Ausland gerne beim Trinkgeld. Und zwar auch in Ländern, in denen man vergleichsweise billig Urlaub machen kann. So ergab eine OnePoll-Umfrage aus dem Jahr 2016, dass die Deutschen noch vor den Engländern als geizig gelten. Eine weitere Umfrage führte das Reservierungsportal Bookatable durch. Dort sagten gut zwei Drittel der befragten Gastronomen, dass die Deutschen immer weniger Trinkgeld geben. Das widerspricht der Selbsteinschätzung der Gäste, von denen mehr als die Hälfte meinte, guter Service verlange ein Trinkgeld. Aber auch elf Prozent gab es, die komplett gegen das Geben von Trinkgeld waren.
Das kann allerdings auch an der Verunsicherung darüber liegen, bei wem der Obulus am Ende landet. Grundsätzlich gibt es zwei gute Optionen. Entweder die Servicekraft darf das Geld persönlich behalten. Oder es werden sämtliche Trinkgelder eingesammelt und am Ende des Tages unter allen Mitarbeitern aufgeteilt. Dadurch erhalten dann zum Beispiel auch Küchenkräfte einen kleinen Bonus, die der Gast sonst gar nicht zu Gesicht bekommt. Es gibt aber auch zunehmend andere Fälle, über die medial berichtet wird.
Im Ausland gelten beim Trinkgeld andere Regeln
So ist es zum Beispiel in Einkaufszentren Usus, dass das Geld für die Toilettennutzung nicht, wie suggeriert wird, bei den Reinigungskräften landet, sondern beim Betreiber. Es hilft also, ganz direkt nachzufragen. Wenn eine Servicekraft aussagt, dass sie das Trinkgeld nicht selbst behalten darf, sollte man lieber auf den Obulus verzichten. Eine weitere Möglichkeit, dieser Praxis entgegenzuwirken ist es, sich bei der Geschäftsführung höflich aber bestimmt darüber zu beschweren und das Geschäft im Zweifel zu boykottieren.
Anders sieht es im Ausland aus. Dort muss man sich umstellen, denn in vielen Ländern ist das Trinkgeld Pflicht, so etwa in den USA oder in der Türkei. Gerade Kellner und andere Servicekräfte bekommen dort nur ein sehr niedriges Grundgehalt, von dem man kaum leben kann. Das Trinkgeld ist also ein absolut unverzichtbarer Gehaltsanteil und sollte 15 bis 20 Prozent des Rechnungsbetrages sein. Wer sich hier geizig gibt, darf sich später nicht mehr blicken lassen. Trinkgeldverzicht ist nur bei wirklich außerordentlich schlechtem Service akzeptabel. Ganz anders hingegen in Japan: Dort gilt Trinkgeld regelrecht als Beleidigung und wird nicht angenommen. Bevor man verreist, sollte man sich also informieren, welche Trinkgeld-Regeln in dem jeweiligen Land gelten – und sich dann auch daran halten.